KPD-Gründer ziehen noch immer

Zur Luxemburg-Liebknecht-Demo, der größten linken Gedenkveranstaltung Europas, kamen wieder Zehntausende

Eigentlich müsste diese Veranstaltung von Jahr zu Jahr schrumpfen. Denn die tausenden von DDR-NostalgikerInnen, die auch nach der Wende alljährlich diesem traditionellen Marsch zum Gedenken an die vor 87 Jahre ermordeten Sozialistenführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht beiwohnen, kommen langsam in die Jahre. Doch abgesehen davon, dass gestern vielleicht das Marschtempo ein wenig gedrosselt wurde, war von einem Abflauen der größten linken Gedenkveranstaltung Europas nicht viel zu spüren. Wie in den Vorjahren auch zählte die Polizei wieder rund 20.000 TeilnehmerInnen, die zur „Gedenkstätte der Sozialisten“ am Zentralfriedhof in Friedrichsfelde zogen, um rote Nelken abzulegen. Die Veranstalter sprachen von 50.000 Teilnehmern.

Luxemburg und Liebknecht sind Gründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und waren am 15. Januar 1919 in Berlin von Freikorpsoffizieren umgebracht worden. Seit der Wende nehmen jährlich bis zu 100.000 Menschen an dem stillen Gedenken in Lichtenberg teil – bis heute.

Doch nicht nur vor dem Zentralfriedhof wurde gestern an die beiden Sozialisten gedacht. Zahlreiche linke Gruppen trafen sich am Frankfurter Tor und zogen friedlich zum Zentralfriedhof. Trotz der Minusgrade lag bei dieser Demo die Zahl der TeilnehmerInnen bei etwa 5.000.

Zwar mangelt es der Liebknecht-Luxemburg-Demo immer offensichtlicher an Nachwuchs – ein paar Neuzugänge gab es dennoch zu entdecken. Das prominenteste Gesicht: Oskar Lafontaine. „Es ist selbstverständlich, dass ich hier bin“, sagte der ehemalige SPD-Vorsitzende, der nun für die Linkspartei als Fraktionschef im Bundestag sitzt. Er sei schon vor der Wende einmal von der SED-Führung unter Erich Honecker eingeladen worden, erzählt er. Damals habe er aber abgelehnt. Heute nehme er gern teil. Immerhin seien Luxemburg und Liebknecht große Figuren der Arbeiterbewegung.

Die alt bekannten Sozialisten dieser Republik ließen sich das linke Massenevent selbstverständlich ebenfalls nicht entgehen. Ganz vorn mit dabei: der Vorsitzende der Linkspartei, Lothar Bisky, sowie der zweite Chef der Bundestagsfraktion, Gregor Gysi. Auch der frühere DDR-Staats- und Parteichef Egon Krenz sowie der letzte DDR-Ministerpräsident der SED, Hans Modrow, nahmen teil.

Gysi erinnerte daran, dass in der DDR das Gedenken nicht freiwillig war. Damals war die Demonstration ein Aufmarsch der SED-Führungsspitze. Umso mehr freue es ihn, dass die Menschen heute freiwillig zur Ehrung kommen. FELIX LEE