Eltern an die Macht

Der Landeselternausschuss hat genug von der Bildungspolitik des Senats: Er gründet selbst eine Partei. Sie soll schon bei den Abgeordnetenhauswahlen antreten. Bildungssenator Klaus Böger hält das für völlig überflüssig

Bei der Abgeordnetenhauswahl am 17. September will der Landeselternausschuss (LEA) mit einer Elternpartei antreten. Das kündigte der Vorsitzende des LEA, André Schindler, gestern an. Die Eltern hätten kein Vertrauen mehr in den Senat, sagte Schindler zur Begründung. „Klaus Wowereit steht nicht gerade für kinder- und bildungsfreundliche Politik. Auch die CDU, die nicht einmal einen Spitzenkandidaten findet, hat uns mit ihrer Schulpolitik enttäuscht.“ Die Grünen hätten angekündigt, im Wahlkampf auf Wirtschaft statt auf Bildung zu setzen. „Deswegen kämpfen wir jetzt für eine eigene Stimme im Parlament“, sagte Schindler, der seit drei Jahren LEA-Vorsitzender ist. Er selbst strebt die Spitzenkandidatur der neuen Partei an.

Als bildungspolitisches Ziel der neuen Partei – wie auch des LEA allgemein – nannte Schindler unter anderem, den Wettbewerb zwischen den Schulen zu erhöhen. Deswegen sollten, wie bei den Kitas geschehen, auch an den Schulen die Einzugsbereiche abgeschafft und solle Eltern eine freie Schulwahl ermöglicht werden. Zudem sollten die Lehrer künftig nach Leistung bezahlt werden. „Wenn ein Lehrer um 16 Uhr noch eine AG für Schüler anbietet, muss er dafür auch belohnt werden.“ Umgekehrt müssten Lehrer, die weniger leisten, finanzielle Abstriche hinnehmen. Eltern und Lehrer müssten zu ihrer Verantwortung für die Entwicklung der Kindern stehen, betonte Schindler. „Zu viele Schüler verlassen die Schule ohne Abschluss, weil sie nicht individuell gefördert werden.“

Bildungssenator Klaus Böger (SPD) hält die neue Partei für überflüssig: „Die vom LEA formulierten Ziele sind in wesentlichen Punkten mit der tatsächlichen Politik deckungsgleich“, so Böger gestern. Seiner Meinung nach sei die Frage nach einer kinderfreundlichen Politik für alle Parteien von großer Bedeutung. Politik bestünde aber nicht darin, die Interessen Einzelner zu vertreten, sondern Ideen und Interessen vieler Menschen zu bündeln. „Deswegen brauchen wir keine Partei nur für Eltern.“

Einige bürokratische Hürden muss die neue Partei noch überwinden, bis sie wie geplant an den Abgeordnetenhauswahlen teilnehmen kann. Spätestens vier Monate vor der Wahl, also bis zum 17. Mai, muss sie eine so genannte Beteiligungsanzeige an den Landeswahlleiter richten. Zuvor muss sie sich gegründet und den Beschluss gefasst haben, sich zur Wahl zu stellen. Dem Antrag beiliegen müssen ein Programm, eine demokratische Satzung und ein Mitgliedernachweis. Bis Anfang Juni entscheidet dann der Landeswahlausschuss, ob er die Partei zulässt. Tut er dies, muss die Elternpartei zusätzlich 2.200 Unterschriften sammeln. Sie sollen die Unterstützung durch die Bevölkerung dokumentieren. 68 Tage vor der Wahl, also spätestens am 11. Juli, müssen die Unterschriften vorliegen. Erst dann ist der Partei ein Platz auf den Stimmzetteln sicher.

Der Leiter der Geschäftsstelle des Landeswahlleiters, Geert Baasen, räumt der Elternpartei gute Chancen ein, zugelassen zu werden: „Wichtig ist, dass der ernsthafte Wille der Partei erkennbar ist, das Volk im Parlament zu vertreten.“ Schwierig werde es immer dann, so Baasen, wenn eine Partei nur eine einzige Forderung hat. Mit den Schwerpunkten Familie, Jugend und Bildung aber wäre die Elternpartei wahrscheinlich breit aufgestellt. Sandra Courant