Studis verschenken ihre Stimme

An der FU wird das Studierendenparlament gewählt. Thema im Wahlkampf ist vor allem die Software Campus Management. Die Studis hoffen nach dem jüngsten Streik auf eine hohe Wahlbeteiligung

VON JOHANNES RADKE

Der Campus der Freien Universität (FU) zeigt sich seit einigen Wochen ungewohnt farbenprächtig. Die Bäume auf dem Gelände und die Pinnwände an den Instituten sind übersät mit Wahlplakaten der verschiedenen hochschulpolitischen Gruppen. Mit Infotischen vor der Mensa buhlen die 49 verschiedenen Listen um die Gunst der Wähler. Knapp 37.000 Studierende können noch bis morgen Nachmittag ihre Stimme abgeben, um ein neues Studierendenparlament (StuPa) zu wählen.

Hauptstreitpunkt: Die neue Verwaltungssoftware Campus Management, die unter anderem die Vergabe von Scheinen automatisiert und über die die Anwesenheit der Studierenden kontrolliert werden soll. Die meisten Gruppen sprechen sich dagegen aus. Die Software war auch einer der Gründe, warum es kurz vor Weihnachten an der FU zu einem einwöchigen Warnstreik kam. Daraufhin kündigte die Universitätsleitung an, das Campus Management zu überprüfen und das damit verbundene Maluspunkte-System vorerst auszusetzen (taz von gestern).

Der Streik sei ein klares Zeichen gegen Studiengebühren und Campus Management gewesen, sagt die FU-Studentin Lucia Schnell, die die Proteste mitorganisiert hat. Auch Björn Kitzmann, hochschulpolitischer Sprecher des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (AStA), zieht eine positive Bilanz: „Es haben sich durch den Streik an vielen Instituten Arbeitsgruppen aus Studierenden und Lehrenden gebildet, die auch weiterhin zu hochschulpolitischen Themen arbeiten.“

Kitzmann hofft, „dass die Politisierung der Studierenden durch den Streik zu einer höheren Wahlbeteiligung führt“. Annette Heppel vom Zentralen studentischen Wahlvorstand rechnet „mit einer zweistelligen Wahlbeteiligung, jedoch unter 15 Prozent“. Generell liegt die Wahlbeteiligung an den Berliner Unis selten über 10 Prozent.

Insgesamt bewerben sich 49 verschiedene Listen für die 60 Sitze im StuPa. Das sind zehn Listen mehr als im vergangenen Jahr. Während RCDS, Grüne und Jungsozialisten (Jusos) versuchen, ihr Programm möglichst breit zu erklären, kommen andere Listen mit weniger Inhalt aus. So tritt die Liste „Das Leben ist kein Ponyhof: Lenzen absägen!“, mit dem erklärten Ziel an, Universitätspräsident Dieter Lenzen seines Amtes zu entheben. Die Liste „Kritik und Praxis“ beschränkt ihr Programm auf das schlichte Motto „Scheiß Campus Management, Scheiß Uni, Scheiß Staat“.

„Wir hoffen für das neue StuPa wieder auf eine Mehrheitskonstellation von linken, parteiunabhängigen Listen“, sagt Björn Resener von der Antifaschistischen Linken Liste. Schließlich gab es an der FU seit den 70er-Jahren keinen rechten AStA mehr. Das StuPa wählt die Vertreter des AStA, der über die Verwendung von insgesamt rund 550.000 Euro bestimmen kann.

Wie jedes Jahr werden unter den Listen auch verschiedene Tarnlisten vermutet. Diese sollen es mit irreführenden Namen auf wertvolle Wählerstimmen abgesehen haben. Der Knackpunkt ist das komplizierte Wahlsystem, bei dem es rechnerisch einfacher ist, mit wenigen Wählerstimmen über viele einzelne Listen ins StuPa zu kommen, als mit einer einzigen Liste, die besonders viele Stimmen erhält. Die endgültigen Wahlergebnisse werden nächste Woche bekannt gegeben.