Nato behütet Fußball-WM

Verteidigungsminister Jung wird Awacs-Flieger während der Weltmeisterschaft anfordern

Wieland (Grüne): „Wir halten das für eine Routinesache, die sinnvoll sein kann“

VON CHRISTIAN RATH

Bei der Fußball-WM werden höchstwahrscheinlich Awacs-Aufklärungsflugzeuge der Nato zum Einsatz kommen.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) wird in den nächsten Tagen einen Antrag an die Nato stellen. Derzeit prüft Jung noch eine entsprechende Bitte von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU). „Bei der Prüfung im Verteidigungsministerium geht es aber nicht mehr um das Ob eines Awacs-Einsatzes, sondern nur noch um den Umfang“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums gestern gegenüber der taz.

Die der Nato gehörenden Awacs-Maschinen sollen die Fußball-WM vor Angriffen mit „tief fliegenden Flugobjekten“ schützen. Die Aufklärung aus der Luft erlaubt eine lückenlose Überwachung des Luftraums und ist leistungsfähiger als der Bodenradar, bei dem zum Beispiel Berge die Ortung behindern. „Es geht darum, Sicherheitslücken zu schließen“, heißt es im Verteidigungsministerium.

An welche Art von Flugobjekten man vor allem denkt, lassen die beteiligten Ministerien offen. Raketen? Marschflugkörper? Entführte Passagierflugzeuge? „Das bleibt Ihrer Fantasie überlassen“, lautet die brüske Antwort aus dem Innenministerium. Die Nutzung der Awacs-Flugzeuge gilt nicht als militärischer Einsatz, sondern als „technische Amtshilfe“. Deshalb sehen die Ministerien hier auch keine verfassungsrechtlichen Probleme wie zum Beispiel beim Einsatz von Soldaten zur Entlastung der Polizei, die Innenminister Schäuble angeregt hatte.

Die Nato ist zur Amtshilfe zwar nicht verpflichtet, wird sie aber aller Voraussicht nach gewähren. Sobald Deutschland einen offiziellen Antrag gestellt hat, wird sich der wöchentlich tagende Nato-Militärausschuss, das oberste militärische Gremium der Nato, damit befassen.

Bisher hat der Militärausschuss, in dem Deutschland durch Generalleutnant Klaus Olshausen vertreten ist, alle vergleichbaren Anfragen positiv beschieden. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums kamen Awacs-Maschinen bereits zweimal „bei besonderen Gefährdungslagen im Innern“ zum Einsatz: beim Papstbesuch in Köln und bei der Visite von US-Präsident Bush in Mainz, beide im Jahr 2005. Auch bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen wurden Awacs-Flugzeuge genutzt. Vor den Anschlägen 2001 kam niemand auf die Idee, Awacs-Systeme zum Schutz ziviler Ereignisse einzusetzen.

Wie viele Awacs-Flugzeuge für die Fußball-WM an welchen Tagen gebraucht werden, wird im Verteidigungsministerium noch geprüft. Wegen der langen Dauer der WM und der weit auseinander liegenden Spielorte hat dieser Einsatz eine besondere Qualität. Ernst wird es, wenn die Luftaufklärung ein unangemeldetes Flugobjekt entdeckt. Dann kommt das Luftsicherheitsgesetz zur Anwendung, das der Bundeswehr erlaubt, Abfangjäger aufsteigen zu lassen, um das Objekt näher zu prüfen und im Extremfall auch abzuschießen.

Politisch ist der Awacs-Einsatz kaum umstritten, weil er nur als Amtshilfe gilt. Als Innenminister Schäuble Anfang Januar das Thema öffentlich machte, winkten selbst die militärkritischen Grünen ab. „Das ist kein Aufreger“, sagte damals der grüne Innenpolitiker Wolfgang Wieland zur taz, „wir halten das für eine Routinesache, die sinnvoll sein kann.“

Nur die Linkspartei warnt davor, dass Schäuble mal wieder „die Rolle des Militärs aufwerten“ wolle. Allerdings hält auch Paul Schäfer, Militärexperte der Linken, den Awacs-Einsatz für vertretbar, wenn Gefahren nicht anders abwendbar sind. Eine Abstimmung im Bundestag wird es nicht geben, denn sie ist nicht erforderlich.