Hartz-IV-Ämter verschenken rund 300 Millionen Euro

Weil die Hartz-Behörden im vergangenen Jahr überlastet waren, wurde die Hälfte der Fördermittel nicht ausgegeben. Grüne: Skandal

Die Berliner Hartz-IV-Behörden haben im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte der Mittel zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen verschenkt. Rund 300 Millionen der 585 Millionen Euro seien nach Auskunft der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit von den Job-Centern – so heißen die Hartz-Ämter offiziell – nicht ausgegeben worden. Das kritisierte Grünenfraktionschefin Sibyll Klotz gestern.

Nach Angaben des Sprechers der Regionaldirektion, Olaf Möller, sind rund 292 Millionen Euro der an die zwölf Berliner Job-Center zugeteilten 585 Millionen Euro ausgegeben worden. Das seien knapp 50 Prozent. Die Job-Center hätten erst im zweiten Halbjahr 2005 mit der fachlichen Arbeit beginnen und die Mittel so einsetzen können, wie es erforderlich gewesen sei. Im ersten Halbjahr hätten die Job-Center erst aufgebaut werden müssen. Es seien sehr viel administrative Arbeiten zu leisten gewesen, etwa die Auszahlung von Arbeitslosengeld II und die Bearbeitung von Anträgen. In diesem Jahr könnten die Mittel effektiver eingesetzt werden, da die fachliche Arbeit vom ersten Tag des Jahres an geleistet werde.

Klotz sprach von einem „Skandal“ – trotz allem Verständnis für organisatorische Anlaufschwierigkeiten. Immerhin hätten in Berlin rund 300.000 Menschen Anspruch auf Leistungen zur beruflichen Weiterbildung und 1-Euro-Jobs. Bei einer Erwerbslosigkeit von rund 18 Prozent könne es sich die Hauptstadt nicht leisten, vorhandene Mittel nicht einzusetzen.

In diesem Jahr wird Berlin nach Angaben von Klotz noch mehr Geld vom Bund erhalten, weil die Zahl der Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften stark gestiegen ist. Es dürfe nicht wieder passieren, dass Mittel nicht ausgegeben werden. Berlin brauche sinnvolle Angebote zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Statt massenhaft 1-Euro-Jobs zu schaffen, müsse der Schwerpunkt auf der Fortbildung liegen. Denn fast 50 Prozent der Langzeitarbeitslosen hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung. Heute Nachmittag ab 15 Uhr veranstaltet die Grünenfraktion eine Podiumsdiskussion zur Hartz-IV-Bilanz im Abgeordnetenhaus. DDP, TAZ