Körting bleibt hart

2005 hat Innensenator 800 Flüchtlinge als Härtefall anerkannt. Zu wenig, findet die Härtefallkommission

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes haben die Mitglieder der Berliner Härtefallkommission gestern eine kritische Bilanz ihrer Arbeit gezogen. In 291 Fällen hatte die Kommission ein Härtefallersuchen an Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestellt. Dieser lehnte 104 Fälle ab. Begründen muss er seine Entscheidungen nicht.

„Wenn man so viele Wochen an einem Fall arbeitet, der dann ohne weitere Erklärungen abgelehnt wird, ist das für uns sehr enttäuschend“, sagte Kommissionsmitglied Traudl Vorbrodt vom Flüchtlingsrat Berlin.

In dem von der Landesregierung eingerichtetem Gremium sitzen sieben Vertreter von Kirchen, Senat und Flüchtlingsorganisationen. An sie können sich von der Abschiebung bedrohte Migranten wenden. Im vergangenen Jahr bearbeitete die Kommission insgesamt 430 Fälle; vorstellig werden jedoch wesentlich mehr Betroffene.

Klaus Mertes vom Erzbistum Berlin wies darauf hin, dass vor allem Härtefallgesuche von alten, behinderten und kranken Menschen abgelehnt würden, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. „Ich habe den Eindruck, dass Körting unter dem Druck der Öffentlichkeit und der Stammtische handelt“, sagte Mertes. Außerdem habe sich gezeigt, dass selbst geringfügige Vorstrafen wie Schwarzfahren nicht nach den gesetzlichen Verjährungsfristen gelöscht werden, sondern weiterhin in den Akten der Ausländerbehörden auftauchen.

Die Kommissionsmitglieder übten auch Kritik am Umgang der Ausländerbehörde mit geduldeten Migranten. „Jeder, der nur mit einer Duldungsbescheinigung zur Behörde geht, muss damit rechnen, dort nicht mehr rauszukommen“, so Vorbrodt. Um der Abschiebehaft zu entgehen, rate sie den von ihr betreuten Migranten, vor jedem Behördengang den genauen Status ihrer Duldung zu prüfen.

Dennoch gibt es laut Vorbrodt auch Erfolge. „Wir haben im letzten Jahr 800 Menschen zu einem Bleiberecht in Deutschland verholfen“, erklärte sie stolz. Die meisten Härtefallgesuche habe sie selbst eingebracht.

Einstimmig forderten die Mitglieder der Kommission von der Innenministerkonferenz eine Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Migranten. „Erst dann“, so Kommissionsmitglied Vorbrodt, „können wir uns um diejenigen Fälle kümmern, die nicht zu den Altfällen gehören.“ JOHANNES RADKE