Linkspartei wirbt für die Einheit

Mit dem sensiblen Wahlkampfthema „Einheitsschule bis zur 10. Klasse“ streben die Sozialisten nach „17 Prozent plus x“

Die Linkspartei will den Eindruck nicht aufkommen lassen, man lege bis zur Abgeordnetenhauswahl im September die Hände in den Schoß. Wenn es nach den Sozialisten geht, sollen schon im Sommer Modellversuche zur so genannten Einheitsschule entstehen. Die Unterteilung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium, hofft der kleinere Koalitionspartner, könnte bereits zum Schuljahr 2011/12 wegfallen. Das ist zumindest der Zeitplan, den die Fraktionsmitglieder gestern auf ihrer eintägigen Klausur abnickten.

Berlin müsse weg von „sozialer Selektion zu einem frühen Zeitpunkt“, forderte Wirtschaftssenator Harald Wolf. Ziel sei eine Verlängerung des gemeinsamen Lernens bis zur 10. Schulklasse. Als Vorbild gab die Linkspartei die nordischen Länder aus – wegen deren Abschneiden bei den Pisa-Tests. Die Devise lautet auch deshalb „Berlin wird skandinavisch schlau“, damit KritikerInnen der Einheitsschule der Ex-PDS nicht leichthin DDR-Nostalgie vorwerfen können. Trotz künftig sinkender Schülerzahlen wollen die Genossen die Zahl der Lehrer nicht in gleichem Maße kappen. Zusammen mit neu eingestellten Lehrern solle das die Unterrichtssituation verbessern. Jüngere Lehrkräfte seien nicht nur flexibel und neuen Schulformen aufgeschlossen, sagte Fraktionschef Stefan Liebich. Unterm Strich seien sie auch kostengünstiger als ihre in Pension gehenden Kollegen.

Trotz des sensiblen Wahlkampfthemas Schule gab sich Wirtschaftssenator Wolf selbstbewusst. Wahlziel sei „17 Prozent plus x“. Nach dem Motto „Vor der Kür kommt die Pflicht“ gebe es nach vier Jahren harten Sparens bald mehr Raum für wirtschaftspolitische Gestaltung. Ein „Industriedialog“ zwischen Senat, Industrie- und Handelskammern sowie Unternehmen soll nach Wolfs Vorstellung die Zukunftsbranchen Berlins gemeinsam fördern: Medizintechnik, Biotechnologie, Medien und Verkehrstechnik.

Eine unangenehme Wahrheit bleibe trotz aller Zuversicht gültig: „Wir werden im Bund wie in Berlin auf längere Zeit mit einem relativ hohen Sockel von Arbeitslosigkeit rechnen müssen.“ Damit schließt sich der Wirtschaftssenator seinem SPD-Kollegen im Finanzressort, Thilo Sarrazin, an. Der hatte vor Wochen für eine ähnliche Aussage verbale Prügel vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bezogen.

MATTHIAS LOHRE