Energie löst sich in Luft auf

Durch schlechte Isolierung und veraltete Heizungen in Wohnungen werden täglich Unmengen Wärme verschwendet. Der Senat will das jetzt mit einem neuen „Energie-Programm“ ändern

VON JOHANNES RADKE

Eisblumen an den Fensterscheiben, undichte Rahmen, durch die der Wind pfeift: Die klirrende Kälte macht einmal mehr auf das Problem vieler alter Fenster aufmerksam. Durch die schlechte Isolierung werden jeden Winter große Mengen Energie verschwendet. Besonders betroffen sind die oft seit Jahren nicht mehr renovierten Altbauten. „Über schlecht isolierte Altbau-Fenster gehen bestimmt 60 Prozent der Heizenergie einer Wohnung verloren“, sagt Peter Krause, Vorstandsmitglied der Glaser-Innung Berlin.

In Berlin müssten eigentlich noch viele Millionen Quadratmeter Altbau-Fenster ausgetauscht werden, schätzt Krause. Genaue Zahlen lägen jedoch nicht vor. Besonders wärmedurchlässig seien die alten Verbundfenster, die vor 1995 eingebaut wurden. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gibt es in Berlin rund 1,9 Millionen Wohnungen. Fast 50 Prozent davon sind Altbauten, die vor 1949 errichtet wurden. Viele wurden bis heute nicht ausreichend saniert.

Doch nicht nur in Altbauten wird unnötig viel Heizenergie verbraucht. Vor allem in ölbeheizten so genannten Neu-Altbauten, die zwischen 1949 und 1978 gebaut wurden, ist der Verbrauch überdurchschnittlich hoch, sagt Holger Rogall. Er sitzt für die SPD im Abgeordnetenhausausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Problem bei diesen Gebäuden sind nicht nur die Fenster, sondern auch die häufig schlecht isolierenden Wände. Während Altbauten in der Regel einen Verbrauch von 23 Liter Heizöl pro Quadratmeter im Jahr haben, werden in Neu-Altbauten in manchen Fällen bis zu 50 Liter verheizt. „Das müssen Sie sich mal vorstellen: Das sind für einen Quadratmeter 5 Eimer Erdöl im Jahr, die in die Luft gepulvert werden“, so Rogall. In den 60er- und 70er-Jahren, als die Ölpreise noch sehr niedrig waren, habe der Ölverbrauch nicht so eine große Rolle gespielt.

Noch bis vor drei Jahren gab es von der Stadt ein Modernisierungsprogramm, im Zuge dessen etwa 500.000 Wohnungen saniert wurden. Dabei wurde in vielen Fällen auch eine Wärmeschutzisolierung durchgeführt. „Heute ist dafür einfach kein Geld mehr da“, kritisiert Rogall.

Mit einem neuen Energie-Programm von SPD und Linkspartei soll jetzt unter dem Titel „Weg von fossilen Energieträgern – Umweltschutz schafft Arbeit“ der Energieverbrauch in der Stadt verringert werden. Ziel des vor einer Woche im Abgeordnetenhaus beschlossenen Antrags ist es unter anderem, „Wärmeschutzsanierungen des Berliner Gebäudebestandes“ zu fördern und langfristig „solares Bauen zum Standard zu machen“. Wohnungsbaugesellschaften sind zukünftig angewiesen, bei allen Gebäuderenovierungen gleichzeitig eine Wärmeschutzsanierung durchzuführen. Dadurch sollen nicht nur wertvolle Energie gespart, sondern auch „die erwarteten Warmmiete-Steigerungen auf ein sozial verträgliches Maß“ begrenzt werden.

Bezahlen will die Stadt die Maßnahmen jedoch nicht. Sie verweist auf Förderungen durch den Bund. Laut einem Beschluss der Bundesregierung Anfang des Jahres bei ihrer Klausurtagung in Genshagen soll ein „energetisches Gebäudesanierungsprogramm“ umgesetzt werden.