Kaum auszuhalten gute Motherfucker

Hässlich, zynisch und chaotisch in Reinform: Das New Yorker Noiserock-Duo The Assdroids heute im Josef

Noch dreht sich im Popzirkus alles um Jungsbands aus England, die vor kurzem noch auf Poppers waren, plötzlich das Beste sein sollen, was je mit einer Gitarre in Berührung kam, und etwa The Arctic Monkeys heißen. Doch so unaufhaltsam rollt da aus den USA etwas völlig anderes auf uns zu: Noiserock-Duos! In einer Titelgeschichte der englischen Wire über die Anführer dieser Bewegung, Lightning Bolt, war die Rede davon, dass „Noise gerade mehr Aufmerksamkeit erfährt als jemals zuvor“. Und der Betreiber des US-Labels Load, auf dem gerade der vielleicht aufregendste, brutalste und erfrischendste Extremrock überhaupt herausgehauen wird – Musik von Bands wie Sightings, Prurient oder White Mice –, meinte nur, für dieses Zeugs würde sich gerade „ein Fenster öffnen“.

The Assdroids aus Denver, die heute Abend im Club Josef in der Maria am Ostbahhnhof auftreten, gehören zweifelsohne zu dieser neuen Bewegung – obwohl ihre erste Platte demnächst ausnahmsweise nicht bei Load, sondern auf Cockrockdisco, dem Gemischtwarenladen für gehörgangsschädigende Musik unter Federführung des Wahl-Berliners Jason Forrest, erscheinen wird. The Assdroids werden in den Fanzines, die sich um den neuen US-Underground kümmern, am liebsten mit Lightning Bolt verglichen – auch ein Duo, auch verstörender Krach. Doch wo bei Lightning Bolt diszipliniert gespieltes Schlagzeug plus Bass für permanente Energiezufuhr sorgen, regiert bei den Assdroids das reine Chaos. Ihre in Kürze erscheinende Platte „For The First Time“ klingt komplett unstrukturiert, permanente Breaks machen einen als Hörer schier wahnsinnig, und zu all dem Gitarren- und Schlagzeug-Rumgemache kommt auch noch Breakcore-Gebolze, das kaum auszuhalten ist. Kurz: „For The First Time“ ist eine gute Platte.

Dass dieser extreme Noiserock in den USA gerade so sprudelt, sagt einiges über das Land aus. Allein schon diese Namen: Einer der Assdroids nennt sich Pisces Motherfucker und hat früher bei der Kombo American Cancer mitgemacht. Ein anderes Duo schimpft sich USA Is A Monster. Zu früheren US-Gitarren-Protestformen macht diese Musik einen gewaltigen Unterschied: Der politische Hardcore der Achtziger beschrieb die USA als verkommenes imperalistisches Reich in den Klauen von McDonald’s und Mickey Mouse, parallel dazu ernährte man sich fleischlos und verstand sich als gesunde Alternative zu dem ganzen Übel. Die aktuelle Noise-Szene dagegen will hässlich, kaputt, zynisch und völlig unverständlich sein – ein Produkt des regierenden Wahnsinns.

Bush-Country, so die Analyse, nähert sich der Apokalypse, und man selbst schreibt den Soundtrack dazu – aber bitte ohne dass der Spaß zu kurz kommt. The Assdroids, so hört man, sollen auf ihren Konzerten nicht nur alles in Grund und Boden rocken, sondern auch Handpuppen auspacken, die sich dann wahrscheinlich gegenseitig ins Gesicht pfurzen oder die Zustände in Guantánamo nachstellen. ANDREAS HARTMANN

The Assdroids spielen heute bei der Bomb Mitte Nacht im Josef@Maria am Ostbahnhof (außerdem: CO, Al Haca & Bomb Mitte Soundsystem); ab 22 Uhr