Der Paragraf 175

Die Nazis radikalisierten ab 1935 den so genannten 175er: einen Paragrafen, der seit 1871 bestand und auch in der Weimarer Verfassung galt. Er stellte homosexuelle Handlungen unter Strafe. Den neuen Herrschern genügte das nicht. Sie verboten gleich jede „in Wollust“ geschehende Umarmung von Männern. Bis zu fünf Jahre Haft konnte es dafür geben. Mindestens 5.000, vielleicht sogar 10.000 Homosexuelle kamen in Lager. Tausende starben, viele wurden kastriert.

Eine Entschädigung haben die Opfer nie erhalten. Denn auch nach Kriegsende galt der „175er“ weiter – in seiner NS-Fassung. Unter bundesdeutschen Richtern wurden mit seiner Hilfe etwa ebenso viele Homosexuelle verurteilt wie unter den Nazirichtern: An die 50.000, sagt der Kulturwissenschaftler Andreas Pretzel, Vorstandsmitglied von Queer Nations. Der 175er wurde 1969 reformiert, aber erst 1994 abgeschafft. GES