hartz-urteil
: Soziale Richter

Ihre Mühlen mahlen langsam, aber sie sind ein notwendiges Korrektiv: die Sozialgerichte. Oft genug weisen erst sie die Hartz-IV-Behörden in die Schranken. Für Betroffene, deren Anliegen erst nach Eilentscheidungen der Gerichte bearbeitet werden, ist das eine Genugtuung. Noch besser ist es, wenn die Richter – die Gesetze nur auslegen können – unsoziale Schärfen der Hartz-Reform mildern. So wie es jetzt das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam tat.

Kommentar von RICHARD ROTHER

Unverheiratete Paare, die seit weniger als einem Jahr zusammen leben, sind nach diesem Urteil noch keine Bedarfsgemeinschaft. Finanziell hat das enorme Auswirkungen: Sobald nämlich einer von beiden ein durchschnittliches Einkommen erzielt, hat der langzeitarbeitslose Partner keinen Anspruch mehr auf Unterstützung – entsprechend drastisch sinkt das Einkommen des Paares. Die Potsdamer Richter gönnen den Betroffenen nun ein Jahr Schonfrist. Das ist besser als nichts. Zudem stärkt der Beschluss das Familienleben – und könnte sogar Hartz-IV-Kosten senken.

Bislang ziehen nämlich viele Paare auseinander, damit beide weiter Geld kriegen und behalten können. In diesem Fall muss die Behörde nicht nur den Lebensunterhalt, sondern auch angemessene Wohnkosten des Arbeitslosen finanzieren. In den meisten Fällen ist die Gründung eines neuen Haushaltes aber teurer, als wenn Arbeitslose beim Partner bleiben dürften – ohne deshalb gleich das Recht auf Unterstützung zu verlieren.

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