„Verwirrender Kurs der Grünen“

Der Hickhack der Bundestagsfraktion um einen BND-Untersuchungsausschuss hat Basis und Wähler irritiert, sagt Volker Ratzmann, grüner Fraktionschef in Berlin. Eine Jamaika-Koalition schließt er aus

INTERVIEW ULRICH SCHULTE

taz: Herr Ratzmann, ist Ihnen Ihre Bundespartei peinlich?

Volker Ratzmann: Nein.

Nicht? Der Eiertanz der Grünen beim BND-Untersuchungsausschuss ist lächerlich.

Für Aufklärung zu kämpfen ist kein Eiertanz. Aber richtig ist: Der Kurs der Bündnisgrünen konnte verwirren – erst hieß es, wir brauchen den Ausschuss. Dann rückte man davon ab. Dieses Hin und Her war falsch. Es hat an der Parteibasis und bei unseren WählerInnen viel Verwirrung ausgelöst.

Es bleibt der Eindruck: Die Grünen, die sich immer als Oberaufklärer gerieren, nehmen es bei sich selbst nicht so genau.

Die Debatte geht an die grüne Identität. Es muss darum gehen, dass alle Vorgänge transparent gemacht werden. Erst in zweiter Linie geht es um das Instrument. Dennoch: Ich war sehr froh über die ursprüngliche Ansage, für einen Ausschuss zu votieren. Es geht schließlich um die universell geltenden Menschenrechte.

Die Regierung will das Parlament jetzt bis zum 22. Februar über die Vorgänge informieren. Reicht das?

Es reicht nur, wenn die strittigen Vorgänge detailliert auf den Tisch gelegt werden. Ich will wissen, was der Bundesnachrichtendienst im Irak gemacht hat oder wie der Geheimdienst in die Entführung des Deutschen Khaled el-Masri verwickelt war. Wenn die Regierung nicht alle Fragen glasklar beantwortet, wird es den Ausschuss geben. Punkt.

Dabei könnten peinliche Details ans Licht kommen. Wird das den Grünen schaden?

Das klare Nein der rot-grünen Bundesregierung zum Irakkrieg kann vor jedem Ausschuss bestehen. Aber wichtiger ist, dass die Vorgänge unser Selbstverständnis als Rechtsstaat berühren. Alle parteitaktischen Überlegungen müssen dahinter zurücktreten.

Joschka Fischer ist gegen den Ausschuss. Steckt hinter dem Zickzack auch die Angst, die grüne Ikone zu beschädigen?

Das glaube ich nicht. Die Ikone Fischer ist längst in den Hintergrund getreten. Und ganz deutlich: Der Schutz einer Person, die mal Außenminister war, darf nicht über Aufklärung oder Nichtaufklärung entscheiden.

Wie wirkt sich dies auf den Wahlkampf der Grünen in Berlin aus?

Das große Politikfeld Bürgerrechte, Demokratie und Transparenz ist für die Berliner Grünen identitätsstiftend. Unsere Partei hieß schließlich mal „Alternative Liste für Demokratie und Umweltschutz“. Wenn es hier Unsicherheiten gibt, schädigt das ganz klar unser ureigenes Profil.

Ein schlechter Start …

Nein. Wir wollen die Zukunft gestalten. Rot-Rot verwaltet die Probleme lediglich, da muss Pfeffer an die Suppe …

Ist das ihr Ziel? Als Pfefferstreuer neben Wowereits Teller zu stehen?

Ich gehe davon aus, dass wir nach der Wahl Bestandteil einer Regierung sein werden. Allerdings mit der SPD nur dann, wenn sie bereit ist, ihre Politik zu ändern.

Leider ist die SPD mit der Linkspartei sehr zufrieden. Ist die CDU unter Friedbert Pflüger eine Partnerin in spe?

Also, sein hervorstechendstes Merkmal ist im Moment nicht seine Berlinkompetenz, sondern sein übergroßer Ehrgeiz …

Was ja nicht schlecht ist.

Er hat auch durchaus eine Chance. Wer bei Greenpeace und Amnesty Mitglied ist, kann so falsch in einer Stadt wie Berlin nicht sein. Herr Wowereit ist Mitglied bei Hertha BSC und im Golfklub. Das sagt einiges. Aber bei einer schwarz-grünen Option kommt es nicht auf Pflüger an, sondern auf die Berliner CDU. Die ist in einem katastrophalen Zustand.

Der Generalsekretär der Bundes-CDU träumt von einer Jamaika-Koalition in Berlin …

Um sich Jamaica derzeit vorzustellen, müsste man ganz schön bekifft sein.