Mein Name sei Hinterbacke

Ein Wettbewerb, zwei Whiskeys: Die neuen Romane der israelischen Schriftsteller Benny Barbasch und Joshua Sobol haben viel gemeinsam – leider nur wenig Gutes

Barbaschs und Sobols Plan: fünf Jahre Zeit, Bücher um die 300 Seiten, Helden aus der Werbebranche, viel Sex, viel Identitätstohuwabohu

Es muss eine Art Wettbewerb zwischen Benny Barbasch und Joshua Sobol sein. So viele Ähnlichkeiten, nein: Gemeinsamkeiten! Beide leben ein paar Monate im Jahr in Tel Aviv; beide debütierten mit Romanen, die von der Kritik hoch gelobt wurden – Barbasch mit „Mein erster Sony“, Sobol mit „Schweigen“; beide sind nur nebenbei Romanschriftsteller – Barbasch schreibt Theaterstücke und Drehbücher, Sobol ist Dramatiker.

Bestimmt haben sie sich so um die Jahrtausendwende in einer Bar in Tel Aviv getroffen, um bei ein paar Whiskeys ihre nächsten Romane abzusprechen. Ihr Plan: fünf Jahre Zeit, Bücher um die 300 Seiten, Helden aus der Werbebranche, viel Sex und als zentrales Thema die Schwierigkeiten mit der Identität. Nach Erscheinen der Bücher, so der Vorsatz, würden sie sich wiedertreffen: Wer die schlechteren Kritiken bekommt, zahlt die Getränke.

Barbaschs Roman heißt „Probelauf“. Dessen Held Mickey ist ein erfolgreicher Werbetexter, der eigentlich einmal Künstler werden wollte. Seine Ehe ist in die Brüche gegangen. Mickey sitzt eines Tages im Foyer eines Hotels, als ein Mr Sapiro ausgerufen wird. Mickey gibt sich als jener Sapiro aus. Es beginnt ein Wechselspiel der Identitäten: Mickey/Sapiro wird ein legendärer Kunstfälscher und versucht ein Selbstporträt des unbekannten Renaissancemalers Johannes Gumpp zu reproduzieren. Seine Wahrnehmung wird dabei von allerlei Spiegeln bestimmt, was seine Selbstreflexion maßgeblich, sein Verhältnis mit Liora, der Ehefrau seines dem Tode geweihten Auftraggebers, aber gar nicht beeinflusst. Bis zum Ende bleibt unklar, ob das alles wirklich geschieht oder nur ein Teil von Mickeys Fantasie ist.

Was die Komplexität von Identitäten betrifft, hält Sobol locker mit. Sein Roman heißt „Whiskey ist auch in Ordnung“, und auch hier vermischen sich Realität und die Vorstellungskräfte des Figurenpersonals. Sobols Held Chanina leitet wahlweise als „Shakespeare“, „Shylock“ oder „Nino“ ein erfolgreiches Werbeunternehmen. Mal ist er ein Mossad-Agent, mal verführt er als Dandy die Frauen, mal ist er Extremsportler. In New York glaubt er einen Mann zu erkennen, der ihm mal in Libyen einen großen Spionage-Showdown geliefert hat. Er heftet sich an dessen Fersen und hat dabei massenhaft Sex mit schönen Frauen.

Beim Thema Sex treiben sich Barbasch und Sobol immer wieder gegenseitig an. Abgedroschene Wendungen wie „bringt sein Blut zum Wallen“, „üppige Hinterbacken“, „dunkle Ritze“ oder „wohliges Erschauern“ haben es ihnen besonders angetan, man könnte da unendlich weiterzitieren: „vom Tau der Liebe beperlt“, „ins Schwarze stoßen“, „Gipfel der Lust“, „schmiegte sich an ihn wie eine Eidechse“, „bot ihre Lippen dar, nass, sehnend und begehrlich“ oder „senkte sich wie ein Kolben zwischen ihren gespreizten Beinen“.

Mal abgesehen von diesen Peinlichkeiten, kann man beide Romane als Vexierspiel verstehen, als Identitätspatchwork in der postmodernen Welt, als Darstellung von intellektuellen Männern, die aus traditionellen Rollen ausbrechen. Man kann das alles aber auch als strukturschwache Prosa bezeichnen, die sprachlich konventionell ist, dazu unnötig verwirrend und leidenschaftslos verspielt. Beide Romane sind schlecht. Barbasch führt wenigstens hier und da mal einen Gedanken zu Ende, weiß gelegentlich adrett über Kunst zu sinnieren und hat ansatzweise ein Konzept. Die Getränke beim nächsten Treffen zahlt deshalb Sobol.

MAIK SÖHLER

Benny Barbasch: „Probelauf“. Aus dem Hebräischen von Beate Esther von Schwarzer. Berlin Verlag, Berlin 2005. 304 Seiten, 19,90 EuroJoshua Sobol: „Whiskey ist auch in Ordnung“. Aus dem Hebräischen von Barbara Linner. Luchterhand Verlag, München 2005. 320 Seiten, 21,90 Euro