Iran beharrt auf Atomprogramm

Das Regime in Teheran sieht sich im Recht und verhält sich stur. Doch auch Signale zum Einlenken sind hörbar

BERLIN taz ■ Iran steckt in einem Dilemma: seit Jahren pocht die Regierung darauf, den atomaren Brennstoff friedlich nutzen und im eigenen Land herstellen zu dürfen. Tatsächlich steht jedem Mitglied des Atomwaffensperrvertrags dieses Recht zu. Die Internationale Atombehörde (IAEO) ist sogar laut Vertrag verpflichtet, den Mitgliedsländern bei der Entwicklung der Atomtechnologie zu helfen. Seit der Radikal-Islamist Ahmadinedschad zum Präsidenten gewählt wurde, sind die Emotionen im Atomstreit so hochgepeitscht worden, dass für die überwiegende Mehrheit der iranischen Bevölkerung, auch für Teile der Opposition, diese Frage zum nationalen Prestige geworden ist.

Doch nun hat die seit Wochen von den USA und der EU aufgebaute Drohkulisse die Frage aufgeworfen, ob der Konfrontationskurs, den Ahmadinedschad und seine Anhänger eingeschlagen haben, tatsächlich den Interessen des Landes dient. Die Radikalen bejahen die Frage und argumentieren, dass man sich von Drohungen nicht einschüchtern lassen sollte. Der Westen werde keine Sanktionen beschließen, weil er sich damit ins eigene Fleisch schneiden würde. Auch ein Militärschlag sei im Hinblick auf die Erfahrungen des Irakkriegs ausgeschlossen. Eine einzige Bombe würde genügen, in der Region einen Flächenbrand auszulösen. Kriegerische Mittel könnten das Regime in Teheran, das von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird, stärken und dem internationalen Terrorismus neuen Auftrieb verleihen.

Diese Sichtweise ermutigt auch die Radikalen. In ihrer ersten Stellungnahme nach dem Beschluss der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats drohten sie mit dem Abbruch der Verhandlungen. Irans Chefunterhändler Ali Laridschani erklärte, eine Überweisung der Akte Irans an den Sicherheitsrat würde das „Ende der Diplomatie“ bedeuten.

Doch bekanntlich wird die iranische Außenpolitik nicht allein vom Staatspräsident und den Radikalen entschieden. Es gibt innerhalb der Staatsmacht auch moderate Kräfte. Selbst Konservative lehnen diese konfrontative Politik ab. Die Einlenkungssignale, die in den letzten Wochen zu vernehmen waren, werfen ein Licht auf den Machtkampf, der seit den radikalen Auftritten Ahmadinedschads immer schärfere Züge annimmt. Dass Teheran den russischen Vorschlag, atomaren Brennstoff in Russland zu produzieren, als „positiv“ und als „möglichen Ausweg aus der Krise“ bezeichnet hat und noch am Montag eine iranische Delegation versuchte, die Europäer vor „voreiligen Beschlüssen“ abzuhalten, geht auf die Rechnung der Moderaten. Aus deren Äußerungen ist sogar herauszuhören, dass Teheran sich mit der Fortsetzung der Atomforschung in beschränkten Rahmen begnügen würde und bereit wäre, die Urananreicherung für eine gewisse Zeit auszusetzen. Eine ähnliche Lösung hatte auch IAEO-Generalsekretär Mohammed al-Baradei jüngst vorgeschlagen.

Die Frage ist nun, welche Fraktion sich im Iran durchsetzen wird. Die Antwort hängt nicht zuletzt vom Verhalten des Westens ab. Drohungen, Sanktionen, gar ein militärischer Angriff würden die Position der Radikalen stärken und jene Stimmen, die sich heute noch gegen die Politik Ahmadinedschads zu erheben wagen, ersticken. „Wir können nicht mit der ganzen Welt streiten. Erst waren es die USA, dann die Europäer und morgen werden wir den Streit mit den Russen und Chinesen fortsetzen. Wir sollten mit dieser Politik aufhören und an die Interessen unseres Landes denken“, sagte gestern ein renommierter Politik-Wissenschaftler in Teheran.

BAHMAN NIRUMAND