Linkspartei und WASG an einem Tisch
: „Öffentliche Steinigung“

Klaus-Dieter Heiser ist ein ruhiger, besonnener Mann. Das merkte man auch in der fast dreistündigen Diskussionsrunde zwischen PDS, WASG und Ver.di zur Privatisierungspolitik in Berlin. Viele Teilnehmer hatten dabei gesprochen; die freundliche Ermahnung des Moderators, „intensiv, kontrovers, aber immer solidarisch zu diskutieren“, war in der Hitze des Verbalgefechts irgendwie untergegangen. Der guten Laune von WASG-Mann Heiser tat dies keinen Abbruch. „Es war das erste Mal, dass wir in dieser Runde eine Debatte hatten“, sagte er. Mit der „Initiative Rixdorf für eine Neue Linke“ streitet er für einen gemeinsamen Antritt von PDS und WASG bei der Wahl im September.

Mehr als einmal musste sich während der Debatte zum Beispiel Linkspartei-Landeschef Klaus Lederer von aufgebrachten WASG-Anhängern beschimpfen lassen, als er versuchte, die Positionen seiner Partei zu erläutern. „Die Berliner WASG will sich auf einen Diskurs nicht einlassen“, resümierte Lederer danach durchaus folgerichtig.

Dabei hatte die Debatte nur gezeigt, wie weit die Positionen von PDS und WASG in Berlin auseinander liegen. Während Lederer für einen pragmatischen Ansatz bei der Privatisierung von öffentlichen Unternehmen warb („Wer nur die Privatisierung verhindern will, dem wünsche ich viel Spaß“), hatten die WASG-Anhänger den Part der Fundamentalopposition übernommen.

So wurde der Abend zu einer feinen Kostprobe des grundsätzlichen Dissenses zwischen PDS und WASG, der sich auch in stundenlangen Debatten nicht wegdiskutieren lässt: Der Konflikt zwischen einer pragmatisch agierenden Linkspartei und einer WASG, die ohne das Joch der Regierungsverantwortung linke Maximalziele propagieren kann.

Der Konflikt war so erwartbar, dass die fundamental-ernsthafte Auseinandersetzung zwischen den streitenden Parteien durchaus skurrile Züge trug. Wer allerdings noch keine Erfahrung mit linker Diskussionskultur in Berlin hatte, der konnte sich eines gewissen Befremdens nicht erwehren: „Was ich hier erlebt habe, hat mich schockiert“, sagte Vivantes-Betriebsratschef Moritz Naujack. „Das ist eine Steinigung, keine Vereinigung.“ Daran scheint in Berlin ohnehin niemand mehr zu glauben. Nur Klaus-Dieter Heiser lächelte noch immer. Martin Reischke