Grüne: Lahme Verwaltungen sollen zahlen

Strafgelder für überschrittene Bearbeitungsfristen sollen die Bürokratie kundenfreundlicher machen. Grüne werfen dem Senat vor, er lasse die Ergebnisse der Enquetekommission „Eine Zukunft für Berlin“ unter den Tisch fallen

Wenn es nach den Grünen geht, soll sich in Berlins Verwaltungen bald einiges ändern. Träge, undurchsichtig und unkoordiniert erscheint ihnen die Bezirks- und Landesbürokratie. Deshalb bringt die Oppositionsfraktion jetzt, weniger als acht Monate vor der Abgeordnetenhauswahl, eine Reihe von Anträgen ins Parlament ein. Ihr Ziel: mehr Kundenfreundlichkeit und Bearbeitungstempo.

Den bürokratischen Stimmungswechsel will der verwaltungspolitische Sprecher der Grünen, Thomas Birk, mit einer Art Bußgeld erreichen – für langsame BürokratInnen. Birks Plan lautet so: Zuerst sollen sich die Verwaltungen auf Bearbeitungsfristen für BürgerInnenanträge festlegen und sie den AntragstellerInnen mitteilen. „Falls diese mitgeteilte Zeit um ein Drittel überschritten wird, werden an den Antragsteller Säumnisgebühren ausgeschüttet“, sagt Birk. Der Verwaltungsexperte kann sich eine Strafgebühr von einem Zehntel der Antragskosten vorstellen. Bei Baugenehmigungen könne das ein Amt hunderttausende kosten. Diese Gebühr soll sich bei jedem weiteren Drittel verdoppeln. Einen entsprechenden Antrag haben die Grünen bereits ins Parlament gebracht.

Das Bußgeld für BeamtInnen gehört zu einem Paket von sieben Parlamentsinitiativen der Grünen. Damit die Anträge nicht so unkoordiniert und undurchsichtig wirken wie die kritisierte Verwaltung, fassen die Abgeordneten sie unter einem Schlagwort zusammen: „Vorschläge der Enquetekommission umsetzen“ heißt es und soll an die Vorschläge der parteiübergreifenden Expertengruppe erinnern. Im Mai 2005 stellten die 18 Mitglieder der Kommission – VertreterInnen von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur – ihre Pläne für „Eine Zukunft für Berlin“ vor.

Vorsitzende war damals die Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz. Aus ihrer Sicht übergeht der Senat die Kommissionsergebnisse: „Eine Beerdigung zweiter Klasse haben sie nicht verdient.“ Die ExpertInnen-Vorschläge kamen in vielen Fällen über Fraktionsgrenzen hinweg zustande, auch wenn viele Mitglieder sich bei einzelnen Punkten der Stimme enthielten. Knapp neun Monate nach Auflösung der Kommission sei es Zeit, daran zu erinnern. In einem der gestern vorgestellten Grünen-Anträge fordert die Fraktion vom Senat, alle Ausgaben im Doppelhaushalt 2006/07 für „nachhaltige Verbesserungen“ bei Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft und Baumaßnahmen aufzulisten. MATTHIAS LOHRE