„Der Bau hält exakt die Traufhöhe ein“

Ein geplantes Gesundheitszentrum in der Kreuzberger Bergmannstraße sorgt im Kiez für heftigen Streit. Baustadtrat Franz Schulz sagt, der 30 Millionen Euro teure Neubau füge sich gut in die Gründerzeitarchitektur des Kiezes ein

taz: Herr Schulz, um ein Gesundheitszentrum in der Bergmannstraße gibt es Aufregung. Was genau ist dort geplant?

Franz Schulz: Auf dem Gelände des ehemaligen Bewag-Umspannwerkes ist ein ambulantes Facharztzentrum geplant, das präventive und diagnostische Angebote enthält, aber auch Drogerien oder Apotheken. Im Erdgeschoss sind ein Discounter und ein Supermarkt mit 2.100 Quadratmeter Verkaufsfläche vorgesehen.

Anwohner kritisieren, dass so ein Neubau nicht zwischen die Gründerzeithäuser passt.

Das sehe ich anders. Der Bau hält exakt die Höhen der Nachbarhäuser ein, die klassische Berliner Traufhöhe. Auch die Fassade nimmt die Architektur der Umgebung auf. In die 55 Meter breite Lücke werden drei Fassadenglieder eingefügt, jeweils in der Größe eines historischen Hauses. Im übrigen liegt die Baudichte unterhalb der der umgebenden Grundstücke.

Nach Aussagen von Anwohnern hat der Bezirk Bürgerkritik abgebügelt. Stimmt das?

Wie man zu dieser Einschätzung kommen kann, ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Die Anwohnerbeteiligung war selbst für Kreuzberger Verhältnisse außergewöhnlich. Als das Konzept im Mai 2004 der Bezirksverordnetenversammlung zum ersten Mal vorlag, haben wir sofort zwei Anhörungen veranstaltet – also schon vor jeglicher Planung. Dann ließ das Bezirksamt ein Verkehrs- und Kaufkraftgutachten erstellen und diskutierte die Ergebnisse in einer dritten Anhörung – all diese Anregungen hat der Investor in seinen Antrag einfließen lassen.

Was versprechen Sie sich von dem Zentrum?

Zunächst versprechen sich die Gewerbetreibenden der Umgebung mehr Umsatz. Wir haben zudem – vor Aufstellung des Bebauungsplans – mit niedergelassenen Ärzten die Anforderungen an medizinische Versorgung durch die Gesundheitsreform diskutiert. Einrichtungen zusammen nutzen zu können, Logistik zu zentralisieren oder andere Dienstleistungen nebenan zu haben, wurde von allen als ideal bewertet. Am Ende haben sich die meisten einen Termin beim Investor geben lassen.

Wer kommt für die nötigen 30 Millionen Euro auf?

Der Investor, die Wabe Bauentwicklung GmbH, finanziert alles privat. Er muss uns einen Finanzierungsnachweis vorlegen – samt Kreditzusage einer Bank.

Wenn das alles vorliegt – warum hat die Bezirksverordnetenversammlung dann den Beschluss aufgeschoben?

Ich fand die Finanzierungsbestätigungen nicht ausreichend. Es stand etwa ein Gremienvorbehalt drin. Das heißt, der Vorstand der Bank will sich erst noch mit der Bewilligung des Kredits beschäftigen. Das akzeptieren wir so nicht. Aber die Investoren wollen die Papiere noch im Februar verbessert einreichen.

Wie sehr wird die Straße unter der Baustelle leiden?

Wir hoffen, dass der Bau Anfang März beginnt. Nach 18 Monaten soll alles fertig sein. Natürlich legen wir Wert darauf, dass das lebendige Straßenbild möglichst ungestört bleibt. Es wird aber Beeinträchtigungen geben, die Baustelle muss erschlossen werden.

Die Bergmannstraße boomt. Muss sie sich auf noch mehr Veränderungen einstellen?

Im Gegenteil. Wir versuchen die derzeitige Mischung zu erhalten. Ganz fatal wäre, wenn in jeden leer stehenden Laden eine Kneipe zieht, also irgendwann eine Gastronomie-Monokultur entsteht wie am Boxhagener Platz. Da nehmen wir vorsichtig Einfluss auf die Eigentümer. INTERVIEW: ULRICH SCHULTE