Gabriel eröffnet neue Suche nach Endlagern

Umweltminister äußert Vorbehalte gegen rot-grünes Ein-Endlager-Konzept. Schacht Konrad weiter im Spiel

SALZGITTER taz ■ Rot-Grün wollte alle Arten radioaktiver Abfälle in einem Endlager konzentrieren. Dieses Ein-Endlager-Konzept hat der Bundesumweltminister Sigmar Gabriel gestern aber überraschend in Frage gestellt. Er stattete dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) einen Antrittsbesuch ab.

Das BfS untersteht dem Umweltminister. Vor den Mitarbeitern sprach Gabriel nun davon, dass „das geeignetste oder auch die geeignetsten Endlager“ gefunden werden müssten. Denn: Ob ein oder mehrere Endlager sinnvoll seien – das wolle er erst entscheiden, wenn alle geplanten Gutachten fertig seien. Die Debatte solle aber „sehr zügig im ersten Halbjahr 2006“ entschieden werden.

Damit bringt Gabriel den Schacht Konrad wieder ins Spiel. Das ist beachtlich, denn die ausgediente Eisenerzgrube ist zwar als Endlager bereits genehmigt. Doch sie liegt in Gabriels eigenem Wahlkreis in Salzgitter. Für den Bürger, für den Bundestagsabgeordneten, genau wie für den Minister Gabriel, so begründete er gestern, sei jedoch bindend, was die Gerichte in Kürze entscheiden.

Ende des Monats will das Oberverwaltungsgericht Lüneburg im Schacht-Konrad-Verfahren eine Entscheidung fällen. Bekämen die Kläger gegen die Konrad-Genehmigung dort kein Recht, würden die AKW-Betreiber, „nicht auf ihre Genehmigung verzichten“. Diese hätten in das Endlager schließlich bereit zwei Milliarden Euro investiert, sagte der SPD-Minister. Allerdings sei bislang keineswegs klar, dass das Gericht die Genehmigung bestätigen werde. Gegenwärtig befinde man sich eben „in einer relativ komplizierten Lage“.

Gabriel hat schon mehrfach einen Vergleich mehrerer Standorte für ein atomares Endlager angekündigt. Derartige Studien will Gabriel aber offenbar erst einleiten, wenn das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die „komplizierte Lage“ in der einen oder anderen Richtung vereinfacht hat. Auf jeden Fall sollten die Untersuchungen aber noch in dieser Legislaturperiode starten.

Die Suche nach anderen Standorten „schließt Gorleben nicht aus“, betonte Gabriel. Eine schnelle Festlegung auf den Salzstock Gorleben als Endlagerstandort lehnte er gestern aber ab. „Es ist nicht möglich, aus der Tiefe des Gemüts zu sagen, weil wir da angefangen haben, muss jetzt auch alles nach Gorleben“, meinte der Bundesumweltminister. Zugleich forderte er die eingeschworenen Kernenergie-Fans unter den Landespolitikern auf, „in ihren Heimatländern nach Endlagerstandorten zu gucken“. JÜRGEN VOGES