Unbefleckter Unsinn

Nicht gegendarstellungsfähig: Jony Eisenbergs juristische Betrachtungen. Heute: die Mohammed-Karikaturen

Ein Sketch der drei Tornados (Günther Thews, >, Arnulf Rating und Holger Klotzbach) Ende der 80er-Jahre: Maria beichtet Josef, dass sie mit Jesus schwanger sei. Josef – verstimmt, nicht der Vater zu sein – misstraut, der Heilige Geist sei nicht nur in Marien gefahren, sondern habe sie penetriert und das Kind gemacht. Die taz veröffentlichte einen Text über Kannibalismus, daneben Bilder vom heiligen Abendmahl. Fette Mönche sitzen rülpsend vor einem Tisch, übrig gebliebene Knöchlein verraten ein soeben beendetes opulentes Abendmahl des Leib Christi. Pfaffen fühlten den Inhalt ihres religiösen Bekenntnisses, die unbefleckte Empfängnis Mariens und die Eucharistie, „in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“. Die drei Tornados wurden auf ihren Antrag hin ebenso strafverfolgt wie die taz. Die Staatsanwaltschaften verkämpften sich und trieben den Unsinn durch die Instanzen.

Der „Aufruhr“ der – angeblich muslimischen – Horden, die Konsulate und europäische Schulen überfallen, Morddrohungen gegen Verleger, Journalisten, Karikaturisten und ganz allgemein gegen Europäer ausstoßen, trifft auf verhaltene Reaktionen: Der UN-Generalsekretär schwafelt vom Erfordernis des Respektierens der religiösen Überzeugungen und Lehren. Der faule US-Präsident deliriert Verständnis für den muselmanischen Ungemach. Paffen aller Länder, Religionen und Provenienz heucheln Mitgefühl für die angeblichen Verletztheiten religiöser Gefühle. Selbst grüne Muslime jammern über die Karikaturen. Von den angeblich gemäßigten Muslimführern hierzulande und anderswo ganz zu schweigen, die sich anmaßen, zu verlangen, solche Veröffentlichungen zu unterlassen, und damit die inszenierten Krawalle und Morddrohungen legitimieren.

Diese Reaktionen haben einen einfachen Grund: Die Inanspruchnahme öffentlicher Räume durch Pfaffen, Klerikale, missionarische Eiferer und Religiöse ist allgegenwärtig. Der US-Präsident lässt sich seine Wahlkampagnen von demselben Milieu organisieren, das dreist vor Abtreibungskliniken „Mörder“ schreit und verbieten will, dass Darwin anstelle der biblischen Schöpfungsgeschichte in den Grundschulen gelehrt wird. Der Großinquisitor im Papstgewand verbietet nicht nur seinen Anhängern außerehelichen GV, Verhütungsmittel, homoerotischen Sex, Ehescheidungen, sondern verlangt, Bildungsziele staatlicher Schulen mitzubestimmen, Abtreibungen zu untersagen und gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften außerhalb staatlichen Schutzes zu stellen. „Streng“ religiöse Judenführer besiedeln fremdes Land, verlangen dessen Annektierung und zetteln Aufruhr an, wenn der Staat ihnen nicht zu Willen ist. Hetzer rufen in den Freitagsgebeten die Gläubigen zu Dschihads, zur Ermordung von Schriftstellern und zu Angriffen auf Europäer auf und organisieren Pogromstimmungen (die Krawalle sind keine spontanen Aktionen).

Angesichts des Verhaltens der Mischpoke darf man nicht über die „Islamisten“ schimpfen und die anderen gewähren lassen. Die Karikaturen sind eine Reaktion auf den brutalen Einfluss des Religiösen außerhalb seines Sprengels. Wer die Bilder kritisiert, muss zuvor die öffentlichen Räume von den Insignien und frechen Vereinnahmungen der Religiösen befreien. Überall!

JONY EISENBERG ist Rechtsanwalt in Berlin