Der gläserne Berlinale-Kunde

Pleiten, Pech und Pannen beim Online-Vorverkauf für das Filmfest. Das virtuelle Bestellformular gab zeitweilig Einblicke in die persönlichen Daten anderer Kunden. Ein Verstoß gegen den Datenschutz

VON CIGDEM AKYOL

Es gibt kein Entkommen. An jeder Straßenecke, in jeder Zeitung, einfach überall sehen BerlinerInnen derzeit Werbung für die 56. Berlinale, die morgen beginnt. Seit Dienstag sind die begehrten Karten auch im Internet buchbar. Wer diesen Service in Anspruch nehmen will, muss seine persönlichen Daten wie Name, Anschrift und Adresse in einem Bestellformular angeben. Für die Bezahlung der Kinokarten verlangen die Veranstalter die Nummer der Kreditkarte.

Wer gestern auf der Jagd nach einer Karte auf die offizielle Homepage der Berlinale klickte (www.berlinale.de), erlebte eine böse Überraschung. Denn die Eingabemaske für die persönlichen Daten war bereits ausgefüllt – mit den Angaben eines fremden Kunden; Handynummer und Mailadresse inklusive. Nur die verschlüsselten Angaben zur Kreditkarte fehlten. Bei jedem erneuten Versuch erschien ein neuer Name. So konnte sich jeder, der wollte, nach Lust und Laune die Namen und Anschriften der anderen Interessenten sowie deren Bestellungen ansehen. Wie in einem Telefonbuch, nur nicht als solches gedacht. Und ohne Wissen oder Zustimmung der Betroffenen.

Berlinale-Sprecherin Frauke Greiner bestätigte gestern der taz, dass es ein technisches Problem bei der Online-Kartenreservierung gab. Sie bemühte sich aber um Schadensbegrenzung. „Trotz der Pannen sind wir froh, dass man nicht alle Daten sehen konnte“, sagte Greiner. Bereits zwei Stunden nach den ersten Störfällen habe man das Problem behoben. Außerdem sei ihr nur ein einziger Fall versehentlich publizierter Daten bekannt.

Tatsächlich aber konnten sich die Nutzer durch beliebig viele Datensätze klicken, wie ein Test am taz-Rechner ergab. Und der Andrang auf die Seite war groß. Anja-Maria Gardain vom Berliner Landesamt für Datenschutz und Informationsfreiheit sagte, Informationen auf einer verschlüsselten Homepage dürften „natürlich nicht für Dritte einsehbar sein“. Im vorliegenden Fall sei aber „die Gefahr eines Missbrauch eher gering“.

„Der Schutz Ihrer persönlichen Daten hat für uns höchste Priorität“, heißt es auf der Homepage der Berlinale. „Persönliche Daten werden nur erhoben, wenn dies zur erfolgreichen Durchführung eines Online-Dienstes unbedingt erforderlich ist.“ Ein Versprechen, das nicht mehr ganz glaubwürdig klingt.

Bericht, Interview SEITE 23