Atomkraft ist endlich

Greenpeace-Studie: Brennstoff Uran reicht nur noch 65 Jahre. CDU-Politiker Koch fordert trotzdem neue AKW

FREIBURG taz ■ Uran, der Brennstoff der Atomenergie, ist nicht unendlich verfügbar. In einer Studie hat Greenpeace jetzt vorgerechnet, wie lange die weltweiten Uranvorräte reichen: In spätestens 65 Jahren, so die Umweltschützer gestern, sei der Rohstoff verbraucht. Deshalb sei „die Atomkraft gänzlich ungeeignet, um Deutschland eine energiepolitische Versorgungssicherheit zu garantieren“.

Neu sind derartige Zahlen nicht. Auch das Bundeswirtschaftsministerium schätzt in einer aktuellen „energiewirtschaftlichen Referenzprognose“, dass die weltweiten Reserven an Kernbrennstoffen nur 62 Jahre halten. Und selbst das Deutsche Atomforum, eine Lobby der Atomwirtschaft, hält die Zahlen für realistisch: Nehme man die derzeit erschlossenen Uranvorkommen der Welt, so reichten diese tatsächlich nur bis zur Mitte des Jahrhunderts. Doch das beunruhigt die Branche nicht, die längst weiter denkt: Sie werde Lagerstätten erschließen und habe noch 200 Jahre Uran.

Die Prognosen sind unsicher. Denn die Verfügbarkeit des Urans hängt vom Preis des Rohstoffs ab. Das wissen auch die Experten von Greenpeace. So rechnen sie einmal mit einem Preis von 40 Dollar pro Kilo Uran. Dann könnten ihrer Ansicht nach weltweit 1,7 Millionen Tonnen rentabel abgebaut werden. Werde das Kilo aber für 130 Dollar gehandelt, so schreiben die Umweltschützer, könne bereits die doppelte Menge aus der Erde geholt werden. Darüber hinaus zitieren sie eine Studie, wonach für 312 Dollar je Kilo das Uran auch aus Meerwasser zu gewinnen ist. Damit würden neue, riesige Quellen erschlossen.

So heißt es am Ende des Greenpeace-Reports auch, dass die Verfügbarkeit des Urans nicht das wirkliche Problem ist. Als Grundstoff der Atombombe sei die Substanz aber ein „äußerst konfliktbeladener Rohstoff“, schreiben die Umweltschützer. Beim Abbau von Uran fließe außerdem radioaktiv kontaminiertes Wasser in Flüsse und Seen. Und die Belüftung der Bergwerke blase radioaktiven Staub und Radon-Gas in die Umwelt. Am Schluss blieben strahlende Abraumhalden. Auch bei der Uranverarbeitung fielen strahlende Abfälle an.

Deshalb sei die Gesundheit von Menschen während des gesamten Abbauprozesses in Gefahr – von den Risiken beim Betrieb der Atomkraftwerke und der ungeklärten Entsorgung des Atommülls ganz zu schweigen. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) forderte die Stromkonzerne gestern aber abermals auf, Atomkraftwerke zu bauen. BERNWARD JANZING