Menschenrechte no

In der PDS gibt es Krach über Kuba. Weil André Brie und Gabi Zimmer Menschenrechtsverletzung auf Kuba kritisieren, laufen PDS-Fundis Sturm

AUS BERLIN STEFAN REINECKE

Der Streit berührt Grundsätzliches: Wie hält die PDS/Linkspartei es mit der universellen Geltung der Menschenrechte? In der letzten Woche verabschiedete das Europaparlament eine kuba-kritische Resolution. Das EP hatte 2005 den Sacharow-Preis an die „Damen in Weiß“ verliehen, eine Gruppe von Angehörigen politischer Gefangener, die sich für deren Freilassung engagieren. Doch die kubanischen Behörden verweigerten den „Damen in Weiß“ eine Ausreisegenehmigung. Gleiches gilt für das christlich inspirierte Varela-Projekt von Oswaldo Paya Sardinas, der ebenfalls nicht ausreisen darf. Das Varela-Projekt hatte mehr als 10.000 Unterschriften für eine demokratische Verfassungsreform gesammelt. Zudem kritisierte das EP, dass es 2005 mehr politische Gefangene gebe.

Drei linke Abgeordnete, André Brie, Gabi Zimmer und Helmuth Markov, stimmten für diese Resolution. Ein Votum mit Folgen. Vorgestern lud die kubanische KP kurzerhand eine Delegation der PDS und Linksfraktion, die im Februar nach Havanna reisen wollte, wieder aus. Das Castro-Regime will klar machen, dass jede Kritik sofort Konsequenzen hat. Dass Havanna die ganze PDS und die Bundestagsfraktion für das Abstimmungsverhalten von drei Europaabgeordneten haftbar macht, passt ins Bild. Die KP Kubas verlangt totale Loyalität. Gabi Zimmer hält diesen Stil für „nicht nachvollziehbar“.

Doch der Konflikt verläuft nicht nur zwischen der KP Kubas und der Linkspartei – sondern mitten durch die PDS. Sahra Wagenknecht, auch Europaabgeordnete, hält die Resolution für eine „Instrumentalisierung von Menschenrechten und Ausdruck einer unerträglichen Doppelmoral“, die den kubanischen Sozialismus beseitigen wolle. Noch weiter geht die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (siehe Kasten), die die EU-Resolution mit dem Ermächtigungsgesetz vergleicht, mit dem die Nazis 1933 ihre Terrorherrschaft sicherten.

Die Positionen sind unvereinbar: Für Wagenknecht und Jelpke dient offenbar jede Kritik an der Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Kuba dem US-Imperialismus. Die EU-Parlamentarier Brie, Zimmer, Markov sowie Sylvia-Yvonne Kaufmann und Feleknas Uca hingegen wehren sich gegen diese simple Freund-Feind-Logik. In einem differenzierten, lesenswerten Papier, (www.pds-europa.de) begründen sie, warum sie nicht gegen die Resolution gestimmt haben.

„Die Linke darf sich nicht scheuen, Menschenrechtsverletzungen in Kuba im Rahmen ihrer Solidarität mit Kuba zu kritisieren“, heißt es dort. Wenn Kuba Bürgern die Ausreise verweigert, könne dies gerade „angesichts unserer eigenen Erfahrungen“ nicht kritiklos toleriert werden. Im Übrigen habe man gemeinsam mit Grünen und Sozialdemokraten das Begehren der Konservativen und Liberalen verhindert, die 2005 aufgehobenen Sanktionen der EU gegen Kuba wieder einzuführen.

Gabi Zimmer sagte gestern der taz, nicht alle in der PDS hätten begriffen, dass „soziale Menschenrechte und individuelle Freiheitsrechte“ zusammengehören. Im Sozialismus seien die „individuellen Freiheitsrechte gering geschätzt worden“ – damit müsse Schluss sein. Und: „Darum muss es eine heftige Debatte in der PDS geben.“

Doch allzu groß scheint diese Neigung in der PDS nicht zu sein. Die PDS-nahe Zeitung Neues Deutschland berichtet vorgestern in ängstlichem Ton von der Ausladung der Delegation. Die kubanische KP halte „das Klima für den Besuch für nicht günstig“. Nun suche man gemeinsam mit den Genossen einen „geeigneten Zeitpunkt für die Fortsetzung des Dialoges“. Heftige Debatten kündigt man anders an.

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