der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR
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… will rein, mitten rein ins Herz der deutschen Nation. So lautet das Motto des diesjährigen Berliner CSD: „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Den Schwulen hierzulande geht es eigenen Angaben zufolge blendend: Sie haben das Recht auf eine Zweidrittel-Ehe, und in ihrer Subkultur geht die Post ab, repressionsfrei wie noch nie. Vor diesem Hintergrund erscheint die katastrophale Situation von Lesben und Schwulen in vielen Teilen der Welt umso dramatischer. Diskriminierung, Verfolgung, Folter, Todesstrafe – um die Menschenrechte von Homosexuellen ist es schlecht bestellt. Just in dieser Situation besinnen sich deutsche CSD-Macher auf ihre nationalen Wurzeln. Ganz ohne Not beschwören sie die schwarz-rot-goldenen Geister und wollen damit ihren „Marsch in den Mainstream unterstreichen“.

Viel Lob für die Marschierer stand in der taz: „Echt subversiv“ sei die Parole, hieß es vor einigen Wochen in dieser Zeitung, die der Nationalhymne entnommene Zeile sei „wörtlich zu nehmen: Einigkeit der Bewegung, Rechte für ihre Mitglieder und Freiheit als Voraussetzung dessen, was überhaupt ein gutes Leben möglich macht“.

Doch nur keine falschen Vorstellungen – der CSD ist eine rein merkantile Veranstaltung, bei 500.000 Teilnehmern und mehr geht es ums Geld, das der Sponsoren und das der Veranstalter. Eine politische Parole, die jedes Jahr dazuerfunden wird, ist nur eine Reverenz an die Historie, ein Zuckerl für die Medien, ein Feigenblatt für die Parade. Mehr nicht. Es ist wurscht, welcher Spruch dem Umzug vorwegflattert – Hauptsache, die Einnahmen stimmen. Umso zufriedener sind bislang die Veranstalter mit ihrem Knaller für 2006, so viel Kritik und Aufmerksamkeit gab es noch nie. Auch wenn eine satte Mehrheit in der schwulen Gemeinde sich deutlich gegen jegliche Deutschtümelei wendet, die Veranstalter sind voller Eigenlob: „Das politischste Motto, das es je gegeben hat!“

Mit Enthusiasmus setzen sie nur das fort, was sie bereits im vergangenen Dezember mit ihrem „Winterpride“ genannten schwulen Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Nollendorfplatz begonnen haben. Schwuler Glühwein, schwuler Grünkohl – auch hier war die taz zur Stelle: Ganzseitig lobte sie den Unsinn „als den letzten Schritt der schwullesbischen Community an die Öffentlichkeit“, endlich positioniere man sich „mitten in jenem Mainstream, der das Heterosexuelle unumwunden als Hauptfiguren sah: in dem des Weihnachtlichen“.

Diese Anhänger des Mainstreams machen sich ein einfaches Bild von der Welt, wie sie ist und wie sie zu sein hat. Sie sind saudumm, könnte man sagen, und ihr Bewusstsein gleicht dem eines Blätterteigteilchens. Trotzdem gehen sie davon aus, dass alle anderen noch viel dümmer und ganz einfach übers Ohr zu hauen sind. So viel wissen sie, dem Mainstream, der heterosexuellen Öffentlichkeit, kann man alles erzählen – Hauptsache, es steht so was wie „Emanzipation“ darüber, mehr wollen die nicht wissen, die Angelegenheiten der Homosexuellen sind von keinerlei Interesse. So haben die Abzocker aus dem Homobusiness ein leichtes Spiel – jene, die ihr Geld damit machen wollen, und jene, die dazu die ideologische Schützenhilfe leisten.