berliner szene Zu nahe dran

Mitten im Donner

Es ist keine schlechte Entscheidung, sich bei einem solchen Film in die zweite Reihe zu setzen. Da schwingen die Keulen, da schweben die Götter – und doch weiß das Auge kaum, wie es diesen teuersten chinesischen Film aller Zeiten synthetisieren soll.

Wir befinden uns in Chen Kaiges „Wuji“, der außer Konkurrenz im Wettbewerb läuft und in China alle Kassenrekorde gebrochen hat – und es ist, als würde man mitten im Donnerwetter sitzen. Als würde einem das Gesamtbild fehlen, das es erst erhaben macht. Es muss wohl ein schöner Film sein, denkt man sich. Und rätselt, was Chen Kaige wohl dazu bewogen haben mag, jetzt ebenso bildgewaltige Märchenfilme zu drehen wie sein Generationsgenosse Zhang Yimou, und warum er die Lust an der Wirklichkeit verloren hat.

So geht es weiter in der Pressekonferenz: Die Kulissen zerbröseln, wenn man zu nahe dran ist. Der Regisseur redet vom Budget, den dreißig Millionen, und davon, dass der Film in Amerika mehr als hundert hätte kosten können. Dann erzählt er, warum sein neuer Film so viel mit ihm selbst zu tun hat: Es geht ums Schicksal und darum, dass man es selbst bestimmen muss. Mit einem feinen Lächeln deutet er an, wie er als junger Mann Soldat war und wie unglaublich er es nach all den Jahren findet, auf Podien wie diesen sitzen zu dürfen. Und schon hat er es einem ganz unmöglich gemacht zu zweifeln. Es muss wohl ein schöner Film gewesen sein. SUSANNE MESSMER