Ermittlungen gegen Expremier

Rumäniens Parlamentspräsident Nastase gerät wegen Immobiliengeschäften ins Visier der Staatsanwaltschaft. So demonstriert Bukarest Willen zum Kampf gegen Korruption

BERLIN taz ■ „Große Namen“ und „Fälle von ganz oben“ hat die EU immer wieder gefordert. Nur so könne Rumänien beweisen, dass es den Kampf gegen Korruption ernst meine. Andernfalls sei das Land nicht reif für einen Beitritt 2007. Nun haben sich rumänische Ermittler einen der größten Namen vorgenommen: Adrian Nastase, bis Ende 2004 Regierungschef, ehemaliger Chef der wendekommunistischen „Sozialdemokratischen Partei“ (PSD) und heute Parlamentspräsident.

Nastase steht seit Jahren im Verdacht, dubiose Immobiliengeschäfte gemacht zu haben. Unlängst leiteten Beamte der rumänischen Antikorruptions-Staatsanwaltschaft DNA gegen Nastase Ermittlungen ein, weil er 1998 in Bukarest ein 700-Quadratmeter-Grundstück für 11.000 Dollar gekauft hatte, das in Wirklichkeit 25-mal so viel wert war. Vorbesitzer des Grundstücks war Nastases Parteifreund Gabriel Bivolaru, der wegen betrügerischer Bankgeschäfte eine Haftstrafe verbüßt. Nastase hatte Bivolaru vor Jahren dabei unterstützt, die Strafverfolgung gegen ihn hinauszuzögern.

Gegen Nastase wird außerdem wegen einer dubiosen Erbschaft ermittelt. Anfang Januar hatte er in seiner Vermögenserklärung angegeben, 2005 eine Million Euro von einer 97-jährigen Tante geerbt zu haben. Die soll das Geld nach Nastases Aussage durch Immobilien- und Wertpapiergeschäfte erhalten haben. In der fraglichen Zeit war sie über 90 Jahre alt und schwer krank. Die Antikorruptions-Staatsanwaltschaft ermittelt den Hergang der Geschäfte.

Der Jurist Nastase ist der Prototyp eines rumänischen Politikers, der nach dem Sturz Ceaușescus auf wundersame Weise Millionär wurde. Doch nicht nur gegen ihn wird ermittelt. Mitte Januar wurde Rumäniens Vizeregierungschef George Copos wegen Steuerbetrugs und Amtsmissbrauchs angeklagt. Copos ist einer der reichsten Geschäftsleute Rumäniens. Bei den jetzigen Ermittlungen geht es um Immobilientransaktionen zwischen ihm und der staatlichen Lotteriegesellschaft.

Noch brisanter für die derzeitige rechtsliberale Regierung ist ein anderer aktueller Fall der Antikorruptions-Staatsanwaltschaft: Rompetrol, eine der größten rumänischen Mineralölfirmen. Deren Mehrheitseigentümer ist der liberale Politiker Dinu Patriciu, gegen den seit 2003 wegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Betrug ermittelt wird. Neuer Anklagepunkt: Patriciu soll Parteifreunde vorab über den Börsengang von Rompetrol 2004 informiert haben. Käufer von Rompetrol-Aktien, die damals in nur wenigen Stunden ein Vielfaches an Wert gewannen, war unter anderem der jetzige Regierungschef Calin Popescu-Tariceanu.

Bisher verliefen Ermittlungen in solchen Fällen meistens ergebnislos. Oft entstand der Eindruck, Politik und Justiz arbeiteten zusammen, um die Fälle zu vertuschen. An Willenserklärungen, das zu ändern, mangelt es nicht, könnte das Thema Korruption doch dazu führen, dass Rumäniens EU-Beitritt um ein Jahr verschoben wird. Rumäniens Staatschef Basescu sagte kürzlich, dass „Mafia-Gruppen“ die Regierung beeinflussten.

Wie ein Beweis für Basescus Worte wirkte, was sich vorletzte Woche im Parlament abspielte. Dessen Oberkammer, der Senat, war aufgefordert, dem Gesetz über die Funktionsweise der Antikorruptions-Staatsanwaltschaft DNA zuzustimmen. Die DNA, gegründet im Dezember 2005, wurde speziell eingerichtet, um in Korruptionsfällen gegen Politiker und Staatsbeamte zu ermitteln. Als das Gesetz zur Abstimmung stand, waren sich Senatoren der Regierungsmehrheit und der Opposition einig: Eine große Mehrheit stimmte für die Auflösung der Antikorruptions-Staatsanwaltschaft.

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