Kampf dem Kneipenqualm

Experten fordern, dass Deutschland als letztes großes EU-Land endlich für Frischluft sorgt

BERLIN ap ■ Nach immer mehr staatlichen Rauchverboten in Europa wächst auch in Deutschland der Druck, den Nichtraucherschutz in öffentlichen Einrichtungen gesetzlich zu regeln. Zahlreiche Politiker sprachen sich gestern für Rauchverbote zumindest in Gaststätten aus.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte, auch in Deutschland werde ein gesetzliches Rauchverbot kommen. Am Dienstag hatte England ein Rauchverbot an öffentlichen Orten beschlossen. Solche Verbote gibt es in Europa bereits in Irland, Finnland, Norwegen, Schweden, Spanien, Italien und Malta. In Deutschland war die letzte parteiübergreifende Initiative für ein Nichtraucherschutzgesetz 1998 gescheitert. Danach wurde der Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz über eine Änderung der Arbeitsstättenverordnung durchgesetzt: Seit Oktober 2002 hat jeder Beschäftigte – mit Ausnahmen etwa bei Gaststätten – einen Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz.

Das Bundesgesundheitsministerium und die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing setzen daneben bisher auf freiwillige Vereinbarungen mit der Privatwirtschaft, etwa mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband. Bis 1. März 2006 sollen mindestens 30 Prozent aller Speisebetriebe rund 30 Prozent ihres Platzangebotes für Nichtraucher reservieren. Bis 1. März 2008 soll es die Hälfte des Platzangebotes von mindestens 90 Prozent aller Gaststätten sein. Erst wenn dies nicht gelingt, droht eine gesetzliche Verpflichtung.

Lauterbach forderte ein gesetzliches Rauchverbot in Gaststätten: „An eine Selbstregulierung des Gastgewerbes glaube ich nicht im Traum.“ Die Drogenbeauftragte der Unionsfraktion, Maria Eichhorn, will den Erfolg der Selbstregulierung abwarten. Sollte dies fehlschlagen, „muss der Nichtraucherschutz durch Gesetze und Verbote gewährleistet werden“.

Zugleich kritisierte der SPD-Bundestagsabgeordnete Lauterbach, dass in Deutschland die Tabaklobby einen großen Einfluss auf die Politik habe, da die Konzerne großzügig an alle Parteien spendeten. Ein EU-Tabakwerbeverbot musste eigentlich bis zum 31. Juli 2005 umgesetzt werden, was in Deutschland bisher nicht geschehen ist. Anfang Februar hatte die EU-Kommission die Bundesregierung ultimativ aufgefordert, die Richtlinie binnen zwei Monaten umzusetzen.