Großes Geld mit kleinen Pillen

Gewinn gesteigert, Personal abgebaut: Der Berliner Pharmakonzern Schering legt eine Rekordbilanz vor. So wuchs der Umsatz um 8 Prozent. In der Stadt gibt’s aber rund 250 Schering-Jobs weniger

VON RICHARD ROTHER

Von Berliner Krise keine Spur: Der Weddinger Pharmakonzern Schering hat im vergangenen Jahr Umsatz und Gewinn kräftig gesteigert – und blickt auf das bislang beste Jahr der Unternehmensgeschichte zurück. 1851 gründete der Apotheker Ernst Schering die „Grüne Apotheke“ im Berliner Norden; heute ist Schering ein globaler Konzern, der im vergangenen Jahr weltweit erstmals mehr als fünf Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete.

Überhaupt sei 2005 ein Rekordjahr gewesen, teilte der Konzern gestern mit. Der Umsatz wuchs um acht Prozent und damit stärker als der weltweite Pharma-Markt. Die operative Marge – das ist der Betriebsgewinn im Verhältnis zum Umsatz – stieg von 15,7 Prozent im Jahr 2004 auf jetzt 17,5 Prozent. Der Konzerngewinn erhöhte sich gar um 23 Prozent auf 619 Millionen Euro. Gut für die Aktionäre: Ihnen steht eine Erhöhung der Dividende um 20 Prozent auf 1,20 Euro ins Haus.

Vom rasanten Aufwärtstrend profitieren allerdings immer weniger Mitarbeiter. Weltweit sank die Zahl um rund 4 Prozent auf rund 24.700 Beschäftigte. Der Stellenabbau soll damit zunächst beendet sein, doch soll es je nach Geschäftsentwicklung ein Plus und Minus in den verschiedenen Regionen geben.

In Berlin verdienen rund 6.000 Menschen ihre Brötchen bei Schering. Seit 2004 wurden aber auch hier rund 250 Arbeitsplätze abgebaut. Betriebsbedingte Kündigungen habe es in Berlin aber nicht gegeben, so Schering-Sprecher Oliver Renner. Der Abbau der Arbeitsplätze sei durch altersbedingtes Ausscheiden der Mitarbeiter oder durch Auslaufen von Zeitverträgen bewältigt worden.

Der Schlüssel zum Erfolg ist die Konzentration auf vier verschiedene Geschäftsfelder, in denen Schering bereits marktgängige Medikamente hat oder diese entwickelt. Die Geschäftsbereiche sind die Gynäkologie, die Onkologie, die diagnostische Bildgebung und Spezial-Therapeutika. So beruhte der Umsatzzuwachs auf dem Erfolg des Multiple-Sklerose-Mittels Betaferon mit zehn Prozent mehr Umsatz sowie der weltweit führenden Verhütungspille Yasmin. Letztere verzeichnete in den USA 13 Prozent mehr Umsatz, in Lateinamerika/Kanada um 9 Prozent sowie im Bereich Asien/Pazifik um 7 Prozent.

Vorstandschef Hubertus Erlen sagte gestern, Schering wolle auch 2006 dynamisch wachsen, und zwar beim Umsatz im „mittleren bis hohen einstelligen Bereich“. Bei der operativen Marge, ein Gradmesser für die Ertragskraft, sollen für 2006 schon 18 Prozent angepeilt werden. Bis 2008 soll sie weiter auf 20 Prozent steigen. Mittel dafür seien die „Bereinigung unseres Portfolios“ sowie „die Steigerung von Effizienz und Profitabilität“, so der Konzern. Das Ergebnis je Aktie stieg um 23 Prozent auf 3,26 Euro.

Die Börse honorierte gestern die Jahresbilanz des Weddinger Pharmakonzerns: Bis zum späten Nachmittag legte das Schering-Papier um gut 3,4 Prozent auf 58,48 Euro zu.