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: JÜRGEN SCHÖN über die sehr gute Laune der Streikposten in Dormagen

„Dieser Betrieb wird bestreikt!“ steht auf dem Transparent. Dormagens Bürgermeister hat es offiziell noch nicht in Augenschein genommen. Vielleicht ist es Hans Hilgers (SPD) zu weit in den Norden seiner Stadt. Vielleicht hat er die 30 Streikenden auch einfach übersehen. Dafür kommen immer wieder Beschäftigte der Nachbarbetriebe ans Werktor von Electrolux Logistics, um den Frauen und Männern ihre Solidarität zu versichern.

„Wir wollen nicht mehr, sondern nur behalten, was wir haben“, erklärt Industriekauffrau Brigitte Große-Stoltenberg. Seit dem 30. Januar steht sie vor ihrer Arbeitsstätte, bei Regen, Schnee und Kälte. „Im Sommer streiken kann jeder“, lacht sie. Allen klimatischen Störungen zum Trotz ist die Stimmung gut. Wem es zu kalt wird, wärmt sich über dem Feuer im Blechfass.

Immerhin müssen die Streikenden Electroluxler in Dormagen nicht die komplette Schließung ihres Werks befürchten. Wie die KollegInnen vom AEG-Werk in Nürnberg, das ebenfalls zu Electrolux gehört. Trotzdem ist in Dormagen der Ärger über den Arbeitgeber, der Ende des Vorjahres aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist, groß. „Überfallartig wurden uns neue Arbeitsverträge vorgelegt“, erzählt der kaufmännische Angestellte Jürgen Kassel. Inhalt unter anderem: mehr Wochenstunden, kein Weihnachtsgeld, mögliche Versetzungen ins Ausland. Nur wenige unterschrieben, die überwältigende Mehrheit stimmte in einer Urabstimmung für einen unbefristeten Streik. „Wir wollen einen Haustarifvertrag und Bestandssicherung für die Beschäftigten“, erklärt der zuständige Gewerkschaftsfachsekretär Björn Fitzek von der Kölner IG Metall.

Ärger gab es nur zu Streikbeginn. Die IG Metall hatte der Geschäftsführung eine „Notversorgung“ für langjährige Geschäftspartner zugesichert. Aber dann hielt sich die Chefetage nicht an die Vereinbarung, sagt Fitzek. Kurzerhand wurde darauf das Werkstor verriegelt – die Geschäftsführung lenkte ein. Und letztes Wochenende gab es auch endlich die ersten Verhandlungen, die allerdings ergebnislos vertagt wurden.

So wird erstmal weiter gestreikt, langweilig wird es am Werkstor ohnehin nicht. Dafür sorgen schon die vielen Solidaritätsgäste aus der Region. Etwa von Gate Gourmet, einem Caterer am Flughafen Düsseldorf, dessen Angestellte seit Oktober gegen Mehrarbeit und Lohnkürzung streiken. „Hoffentlich schaffen die es hier“, hofft Renate Diebig, Betriebsratsvorsitzende von Leybold Vacuum. Beim Kölner Pumpenproduzenten hatten zweieinhalb Stunden Mehrarbeit und die Streichung von fast 140 Jobs nicht verhindert werden können. „Es ist wichtig, sich gegenseitig von seinen Erfahrungen zu erzählen“, macht DGB-Bezirksvorsitzender Wolfgang Uellenberg-van Dawen bei einem seiner Besuche Mut. „Die Streiks gerade in kleinen Betrieben nehmen zu“, so der DGB-Chef.

Zu Hause bei Brigritte Große-Stoltenberg ist der Streik natürlich jeden Abend das Hauptgesprächsthema. „Mein Sohn und mein Mann sind arbeitslos .Die wissen, worum es geht und geben mir Kraft.“