Eon will spanische Endesa übernehmen

Der größte deutsche Versorger will weltweit zur Nummer eins werden. Deshalb bietet er den Aktionären der Endesa 30 Milliarden Euro. Damit sticht Eon das Angebot eines Konkurrenten aus. Expertin rechnet mit höheren Strompreisen

AUS MADRID REINER WANDLER

Eon möchte endgültig zum größten Energieversorger weltweit aufsteigen. Gestern kündigte das Unternehmen an, den spanischen Stromkonzern Endesa kaufen zu wollen. Das Gebot ist astronomisch. Insgesamt will Eon 29,1 Milliarden Euro auf den Tisch legen. Das sind 27,50 Euro pro Aktie. 29 Prozent mehr als der spanische Mitbewerber Gas Natural, der bereits vor dem Jahreswechsel eine feindliche Übernahme angekündigt hatte.

Der Kaufpreis liegt weit über dem, was Endesa bisher an der Börse wert war. Die Aktie brachte, bevor sie vom Markt genommen wurde, nur 25,48 Euro. Als der Handel am späten Vormittag wieder aufgenommen wurde, stieg der Preis wieder und lag bei Redaktionsschluss über den von Eon angebotenen 27,50 Euro pro Aktie. In Deutschland stieg die Eon-Aktie ebenfalls zwischenzeitlich um sechs Prozent.

Der Kauf wäre für Eon ein geschickter Schachzug. Endesa ist der größte Stromanbieter Spaniens. Der Konzern erwirtschaftete 2005 einen Umsatz von 17,5 Milliarden Euro. Endesa hat insgesamt 21 Millionen Kunden. In Spanien hat der Konzern 10,5 Millionen Kunden und einen Marktanteil von 44,5 Prozent. International bedient Endesa noch einmal so viele Kunden.

Der neue Eon-Konzern würde damit insgesamt 50 Millionen Menschen in 30 Ländern mit Strom und Gas versorgen und damit zu einem der einflussreichsten Energie-Unternehmen in Südeuropa. In Spanien wäre Eon/Endesa Nummer eins, in Italien und Frankreich Nummer drei. Außerdem hält Endesa in den meisten lateinamerikanischen Ländern wichtige Anteile. Der Markt boomt.

Endesa war in der Vergangenheit aber auch immer wieder in die Kritik der Umweltschützer geraten. So zerstört der Bau eines Wasserkraftwerks in Chile den Lebensraum der Mapuche-Indianer.

Eon möchte 100 Prozent des spanischen Unternehmens kaufen, würde sich aber auch mit 50,01 Prozent zufrieden geben. Dem Präsidenten von Endesa, Manuel Pizarro, ist das Angebot von Gas Natural Recht. Er spricht von einem „nicht feindlichen Angebot“ und empfiehlt seinen Aktionären, in Verhandlungen über den endgültigen Preis einzutreten.

Pizarro setzt sich mit dieser Haltung der Kritik der in Spanien regierenden Sozialisten aus. Hatte er doch Endesa mit Händen und Füßen gegen die Übernahmeabsicht von Gas Natural verteidigt. Dabei wurde er von der konservativen Opposition unterstützt. Denn hinter Gas Natural steht La Caixa, eine katalanische Bank. Spaniens Rechte warf der Regierung vor, den nach mehr Eigenständigkeit strebenden Katalanen ein Geschenk zu machen, um die Verhandlungen über ein neues Autonomiestatut positiv zu beeinflussen.

Von Brüssel erwartet Eon keine Bedenken bei dem angestrebten Endesa-Kauf. Bleibt die Regierung in Madrid. Sie hält bei den privatisierten Staatsbetrieben bis Juni 2007 eine so genannte goldene Aktie, mit der sie ein Veto gegen strategische Entscheidungen einlegen kann. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos wurde bereits zum Gespräch eingeladen. Beobachter rechnen jedoch nicht mit einer grundsätzlichen Ablehnung. Die Milliardenübernahme wird sich nach Experteneinschätzung für Verbraucher aber negativ auswirken: „Zusammenschlüsse und Marktkonzentration werden eher zu höheren Preisen führen“, sagte die Energie-Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert. Weil es europaweit immer weniger Anbieter gebe, werde der Wettbewerb gebremst, so die Expertin.

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