Weiße Salbe gegen Ausbeutung

Noch wird nur Handcreme verteilt: Reinigungskräfte protestieren in ganz Nordrhein-Westfalen gegen miese Arbeitsbedingungen und für mehr Lohn. Ihre Arbeitgeber wollen keinen Cent mehr zahlen

VON ANDREAS WYPUTTA

Mit Informationsveranstaltungen und Protestaktionen haben tausende Beschäftigte des Gebäudereinigerhandwerks gestern in ganz Nordrhein-Westfalen für mehr Lohn und Gehalt demonstriert. Hintergrund ist die heute in Frankfurt stattfindende zweite Tarifrunde für die bundesweit rund 800.000 Mitarbeiter: Während sich die Gewerkschaften für einen europaweit einheitlichen Mindestlohn von zehn Euro in der Reinigungsbranche stark machen, war die Arbeitgeberseite bisher zu keinerlei Lohnerhöhung bereit.

Die über 230.000 Gebäudereiniger in NRW haben Anspruch auf einen Tariflohn von 7,87 Euro – im Osten sind es sogar nur 6,36 Euro. Tatsächlich arbeiten viele Reinigungskräfte aber für weniger als fünf Euro in der Stunde: „Da werden pauschalierte Löhne gezahlt“, sagt Stefan Bösch, in Dortmund Sekretär der zuständigen Industriegewerkschaft Bau. So sei vielen Hotels die Reinigung eines Zimmers gerade noch zwei Euro wert.

„Lohndumping, illegale Beschäftigung, extrem rücksichtslose Methoden und katastrophale Arbeitsbedingungen“ seien an der Tagesordnung, klagt auch Arno Haas, Bezirksgeschäftsführer der IG Bau Bochum-Dortmund. So übe etwa die Hattinger Klinik Holthausen massiven Druck auf den Vorsitzenden des dortigen Betriebsrats aus, ärgert sich vor Ort Gewerkschaftssekretär Bösch. Die Gewerkschaft hatte zuvor eine Info-Veranstaltung für die Reinigungskräfte der Klinik Holthausen durchgeführt.

Dennoch dürften sich die Arbeitgeber auch bei der zweiten Tarifrunde kaum bewegen. „Die Forderung nach zehn Euro Lohn können wir nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen“, so Christine Sudhop vom Bundesinnungsverband des Gebäudereinigerhandwerks mit Sitz in Bonn zur taz. „Die Kunden“ seien nicht bereit, Preiserhöhungen zu akzeptieren. Für weitere Informationen verweist Sudhop schnell an den Geschäftsführer des Verbands, Johannes Bungart – doch der war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.

Die Gewerkschaft Bau, die sich gestern bei ihren Protestaktionen noch auf das Verteilen von Handcremes und Infomaterial beschränkte, gibt sich trotzdem kämpferisch. „Die Beschäftigten erwarten eine deutliche Lohnerhöhung“, sagt Peter Riedel vom Bundesvorstand der IG Bau. „Schließlich wird im Gebäudereinigerhandwerk richtig Geld verdient.“