Im Gleichschritt links

VON KERSTIN SPECKNER

Linkspartei und WASG sind sich einig – zumindest programmatisch. Ihr Konsens heißt: Eine Welt ohne Kriege, ohne Armut und Hunger ist möglich. Das steht in einer Aufstellung „programmatischer Eckpunkte“, die beide Parteien gestern vorstellten. Dass eine Urabstimmung in der WASG über die Fusion der beiden Parteien erst in der kommenden Woche aussteht und die WASG zerstritten ist, hielt nicht davon ab, sich hohe und vor allem gemeinsame Ziele zu stecken.

Die Eckpunkte sollen der erste Schritt zum gemeinsamen Programm einer neuen linken Partei sein. Ausgearbeitet wurde das Papier von einer Programmgruppe aus Mitgliedern beider Parteien. Der Fusionsstreit bleibt darin unerwähnt. Dafür hat die Programmgruppe Probleme und Widersprüche der derzeitigen Gesellschaft analysiert. Für die werden linke Lösungen vorgeschlagen. Kritisiert werden etwa Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, Massenarbeitslosigkeit, Umweltschäden und die Folgen der Globalisierung. Diese Probleme will die neue Linke, deren Name noch nicht bekannt ist, bekämpfen. Ihre vier Ziele werden so beschrieben: Die Wirtschaft soll stärker von der Politik als vom Markt bestimmt werden; jeder soll die gleichen Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe haben; staatliche Sicherungen und Leistungen sollen ausgebaut werden, international sollen Frieden und Sicherheit entstehen.

Konkret möchte eine fusionierte Linke beispielsweise kostenlose Kinderbetreuung, mehr Freizeit für Arbeiter, Zukunftsinvestitionen im Bildungsbereich und eine neue internationale Gemeinschaft, die niemanden ausbeutet. Oft müssten, wie im Bildungssystem, wo neunjährige Gesamtschulen vorgeschlagen werden, für eine Realisierung die Strukturen grundlegend verändert werden. Auf die Finanzierungsfrage geht das Papier kaum ein.

„Diese Eckpunkte sind kein Parteiprogramm“, betont Lothar Bisky von der PDS. Das Papier sei die richtige Mischung zwischen direkt realisierbarer Politik und langfristiger Perspektive. Die Ergebnisse der Programmgruppe sollen eine Diskussionsgrundlage sein. Aus dieser Debatte soll ein Parteiprogramm für eine gemeinsame linke Partei entwickelt werden, für die noch kein Name gefunden ist. Das Eckpunktepapier wendet sich auch an Nichtmitglieder und lädt alle „am Parteibildungsprozess interessierten Linken“ ein, sich zu beteiligen. Besonders bemüht scheint Bisky um die Gewerkschaften. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass viele Gewerkschaftsforderungen übernommen worden seien.

Auch interne inhaltliche Differenzen werden genannt, wie die noch offene Frage ob man Vollbeschäftigung fordern solle. Der Fusionsstreit wird nur indirekt erwähnt. Die Grundlagen für alte Spaltungen in der Linken seien entfallen, jetzt müssten die Kräfte gegen Neoliberalismus und kapitalistische Globalisierung gebündelt werden, heißt es im Papier der beiden Parteien, deren Mitglieder sich zeitweilig gegenseitig als neoliberal beschimpften.

Auch WASG-Bundesvorstand Klaus Ernst findet, dass die Zusammenarbeit in vielen Verbänden schon gut klappt. Davon höre man zu wenig. Dass einige Landesverbände die Fusion ablehnen, hat weder für Bisky noch für Ernst Einfluss auf den gemeinsamen Kurs. „Unruhe ist besser als Schläfrigkeit. Wir brauchen belebenden Streit“, sagte Bisky. Der könnte durch die Urabstimmung im Anschluss an den Bundesparteitag in der kommenden Woche teilweise beigelegt werden. Den Parteitag will man aber mit inhaltlichen Diskussionen nicht belasten, sagt Bisky. Diese Debatte solle eher in den Basisverbänden stattfinden.