Selbstzufriedene Union

CDU-Landesparteitag: Solange der Glanz Ole von Beusts auf die Partei abstrahlt, muss sich die CDU nicht mit ihren Problemen beschäftigen

Konflikte gibt es genug – morgen bleiben sie wohl unter dem Teppich

von MARCO CARINI

Es geht um ein entschiedenes „Weiter so!“: Wenn sich die Hamburger CDU morgen im Curio-Haus zu ihrem Parteitag trifft, will sie sich selbst feiern. Und vor allem dem Einen huldigen, dem sie ihre stabilen Umfragemehrheiten verdankt: Bürgermeister Ole von Beust. Debatten über die zahlreichen innerparteilichen Krisen, die die Union in den vergangenen Monaten ins Schlingern brachten, stehen nicht auf der Tagesordnung.

Schießt nicht noch jemand quer, droht ein Parteitag der Selbstzufriedenheit und Langeweile. „Ich erwarte eine Zusammenkunft ohne große Überraschungen“, sagte gestern ein Landesvorstandsmitglied zur taz. „Das wird ein für die Presse wenig spannender und für die CDU positiver Parteitag.“

Zur anstehenden Wahl des Landesvorstandes wollen dessen bisherige Mitglieder wieder antreten – inklusive Parteichef Dirk Fischer. Das Personaltableau ist innerhalb der zuständigen Parteigremien abgestimmt, Gegenkandidaturen waren bis gestern nicht bekannt. Auch der Tagesordnungspunkt „Anträge“ droht zur Nullnummer zu werden: Nicht ein Papier liegt bislang vor.

Dabei hätte die Elb-Union allen Grund, ans Eingemachte zu gehen. Zahlreiche Konflikte prägten das christdemokratische Innenleben in den vergangenen Wochen – die meisten davon schwelen immer noch.

Ungelöst ist etwa der Dissens um das Hamburger Wahlrecht. Die Umsetzung des Parteibeschlusses, das per Volksentscheid reformierte Wahlrecht wieder zurückzustutzen, scheiterte bislang an einer Gruppe Bürgerschaftsabgeordneter um die Wandsbekerin Nathalie Hochheim samt Ehemann Ralf Niedmers. Die „Dissidenten“ wollen vor allem Wahlkreise bei den Bezirkswahlen durchsetzen und den Einfluss der Wähler darauf stärken, welche Kandidaten der Parteien letztendlich in die Bürgerschaft kommen.

Seit Monaten bemüht sich Fraktionschef Bernd Reinert in kleineren Runden und Einzelgesprächen, hier einen Kompromiss zu entwerfen – doch vergebens. So zeigt sich die CDU derzeit nicht in der Lage, den HamburgerInnen zu signalisieren, nach welchem Verfahren sie in zwei Jahren wählen sollen.

Ausgesessen wurde der Konflikt um massenhafte Mitgliedereintritte in Finkenwerder, Rahlstedt, Billstedt und anderen Ortsverbänden, die bestimmte Ortsfürsten aus machtpolitischem Kalkül initiert hatten. Die Parteispitze machte die Mitgliederaufnahme zum Teil rückgängig – unter Berufung auf das „Wohnortsprinzip“, nach dem Eintrittswillige nur dort aufgenommen werden müssen, wo sie wohnen oder arbeiten.

Da dieser Passus der CDU-Satzung jahrelang keine Anwendung gefunden hatte, geriet auch Landeschef Dirk Fischer innerparteilich unter Beschuss. Der Vorwurf: Fischer betreibe Mitgliederaufnahme nach „Gutsherrenart“. Doch der Konflikt verebbte. Ob Fischer durch ihn nachhaltig beschädigt wurde, wird sich zeigen, wenn er sich am Samstag erneut zur Wahl stellt. Für ihn gilt es, sein Ergebnis von 90,35 Prozent vom April 2004 zu bestätigen.

Vorläufig beerdigt wurde der Dauerkonflikt um die Alleingänge und Skandale von Justizsenator Roger Kusch. Nachdem ihn die CDU-Fraktion mit Rückendeckung des Ersten Bürgermeisters vor Wochen in die Schranken wies, zog der Gescholtene seine Initiative zur Abschaffung des Jugendstrafrechts zurück und versprach Zurückhaltung beim Thema Sterbehilfe. Seitdem ist Kusch wieder geduldet – bis zum nächsten Alleingang.

All diese Zwistigkeiten werden im Curio-Haus wohl unter den Teppich gekehrt. Die Parteitagsregie setzt auf Frieden – auch wenn es nur viele kleine Burgfrieden sind.