Die WASG steht vor der Spaltung

Auf dem Parteitag der Wahlalternative stimmen fast zwei Drittel für eine Kandidatur gegen die Linkspartei. PDS-freundliche Kräfte rufen deswegen zur Doppelmitgliedschaft in beiden Parteien auf

VON FELIX LEE

Die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) steht in Berlin vor der Spaltung. Nachdem fast zwei Drittel der Delegierten auf dem Landesparteitag am Wochenende ihren Vorstand unterstützt und für eine eigenständige Kandidatur gegen die Linkspartei.PDS gestimmt haben, ruft der PDS-freundliche Flügel zur Doppelmitgliedschaft in beiden Parteien auf.

„Es gibt bereits eine Reihe von Mitgliedern, die beschlossen haben, der Linkspartei beizutreten, um von dort aus den Fusionsprozess zu forcieren“, sagte Felix Lederle, Vorstandsmitglied des WASG-Bezirksverbands Charlottenburg-Wilmersdorf, der taz. Bis zu 100 aktiven WASG-Mitglieder dürften ihm folgen. „Aus meiner Sicht ist die WASG gespalten“, sagte Lederle.

Neben Lederle hatte sich auch die so genannte Rixdorfer Initiative um Klaus-Dieter Heiser vom Bezirksverband Neukölln für eine gemeinsame Kandidatur ausgesprochen. Als Konsequenz aus dem Abstimmungsergebnis kündigte Heiser an, dass diese Initiative nun allen Fusionsbefürwortern aus WASG und Linkspartei geöffnet werde. „Wir werden einen festen Kreis einrichten, weil wir denken, dass es in der Linken dieser Stadt genug Gemeinsamkeiten gibt.“

Dieser Ankündigung voraus ging Samstag eine mehr als dreistündige Debatte zur Frage der Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Während sich eine kleine Minderheit um Lederle und Heiser für eine gemeinsame Kandidatur stark machten, unterstützte der überwiegende Teil den Kurs des Landesvorstands, der auf Konfrontation zur Linkspartei und zur eigenen Bundesspitze setzt. „Wir wollen keine Partei, die sonntags vom Sozialismus redet und montags Sozialabbau betreibt“, hielt Landesvorstandsmitglied Lucy Redler den Fusionsbefürwortern entgegen.

Aber auch die zeigten sich kämpferisch. Das WASG-Gründungsmitglied Helge Meves warf den Delegierten vor, Spalter und Sektierer zu sein. „Es kann ja sein, dass wir in anderen Städten leben. Aber bei euch habe ich den Eindruck, ihr lebt in einer anderen Welt“, fügte Meves hinzu. Es nützte nichts. Am Ende stimmten 91 der 142 Delegierten für eine getrennte Kandidatur

Die Linkspartei bedauerte die Entscheidung. „Das Ergebnis war für uns zwar keine Überraschung“, sagte Linkspartei-Fraktionschef Stefan Liebich: „Schade finde ich es trotzdem.“ Zur Zukunft der Fusionsverhandlungen mit dem WASG-Landesvorstand wollte Liebich nichts sagen. Konkrete Pläne, die Fusionsbefürworter in der WASG zu unterstützen oder gar mit Listenplätzen zu versorgen, gäbe es in seiner Partei jedenfalls bisher noch nicht. Aber er heiße alle WASGler willkommen, das Programm für die kommenden Abgeordnetenhauswahlen aktiv mitzugestalten.

Innerhalb der WASG hoffen Heiser und die anderen Befürworter weiter auf die Urabstimmung, die am Dienstag beginnt. Seinen Optimismus begründet Heiser damit, dass sich die Mitgliederzahl in Berlin seit dem gemeinsamen Antritt bei der Bundestagswahl mehr als verdoppelt habe. Von einem Großteil der insgesamt 820 Mitglieder sei überhaupt nicht klar, wie sie zu einer Fusion stehen. „Wir werden die Mitglieder auffordern, auf die Frage nach einem eigenständigen Antritt mit Nein zu stimmen“, sagte Heiser. Mit einem endgültigen Ergebnis wird am 8. März gerechnet.

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