Extreme Mode wird bestraft

Das Amtsgericht verurteilt einen 24-Jährigen, weil er rechte Kultklamotten der Marke „Thor Steinar“ trug. Anders als im Nachbarland Brandenburg ist deren altes Runen-Logo in Berlin noch verboten

von FELIX LEE

Hätte die Polizei den 24-jährigen Lehrling in Brandenburg erwischt, er wäre straffrei davongekommen. Doch in Berlin tickt die Justiz anders. Das Amtsgericht Tiergarten hat den Mann gestern zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem wurde er zu 150 Arbeitsstunden in einer gemeinnützigen Einrichtung verdonnert. Die Begründung: Im November 2004 hatte er ein Kapuzenshirt mit dem alten Logo der in der rechten Szene so beliebten Marke „Thor Steinar“ getragen. Dieses Logo ist in Berlin verboten.

Damit unterscheidet sich die Rechtsprechung in der Hauptstadt erheblich von der des Nachbarbundeslandes. Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte im September 2005 entschieden, Thor-Steinar-Klamotten generell zu erlauben. Ein Jahr zuvor hatte die Brandenburger Generalstaatsanwaltschaft das Verbotsverfahren eingeleitet. Ihre Begründung: Das damals von Thor Steinar verwendete Runen-Logo sehe Symbolen verbotener Organisationen aus Zeiten des Nationalsozialismus zum Verwechseln ähnlich. Die Landgerichte Neuruppin und Potsdam bestätigten das Verbot. Daraufhin tauschte der Hersteller, die Firma Mediatex aus Königs Wusterhausen, das Logo aus. Doch weil das Oberlandesgericht schließlich anders entschied, mussten sämtliche anhängige Verfahren in Brandenburg eingestellt werden.

In Berlin gilt das Verbot hingegen noch. Aber auch hier ist die Rechtsprechung nicht einheitlich. Etwa zeitgleich zur Verbotsaufhebung in Brandenburg hatte ein Berliner Richter bei einem ähnlichen Fall Freispruch verkündet. Die Staatsanwaltschaft legte daraufhin Revision ein. Die Entscheidung, ob das Verfahren neu aufgerollt wird, liegt nun beim Kammergericht. Das lässt mit einem Urteil auf sich warten. Es wäre richtungsweisend.

Dessen unbeeindruckt gehen die Berliner Staatsanwälte weiter mit Hochdruck gegen das umstrittene alte Runen-Logo vor. Allein seit Jahresbeginn haben sie rund 30 weitere Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Auch für die Richterin gestern im Amtsgericht Tiergarten war die Sache eindeutig: Die Gesamtgestaltung mit den altdeutschen Schriftzügen erwecke selbst bei einem unbefangenen Betrachter eindeutig die Assoziation zu Symbolen aus der Hitlerzeit, begründete sie ihr Urteil. Zudem sei das von der Herstellerfirma inzwischen vom Markt genommene Logo ein verbindendes Symbol in der rechten Szene, zu der auch der als Neonazi bekannte Angeklagte gehöre. Schon 2004 wurde er wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Zudem gibt es acht Eintragungen im Strafregister, die alle mit seiner rechten Gesinnung im Zusammenhang stehen.

Selbst wenn das Verbot des Thor-Steinar-Logos nicht haltbar sein sollte: Einen Teil der Strafe wird der Verurteilte auf jeden Fall verbüßen müssen. Bei der Festnahme leistete er auch Widerstand gegen die Staatsgewalt.