Bushs Geschenk für Ahmadinedschad

Deal widerspricht der bisherigen US-Behauptung der Unzuverlässigkeit internationaler Rüstungskontrollregimes

Es ist unklar, wie die IAEOüberhaupt die ihr zugewiesene Überwachung übernehmen kann

GENF taz ■ Ein besseres Geschenk an seinen iranischen Amtskollegen Mahmud Ahmadinedschad als die gestrige Unterschrift unter das Nuklearabkommen mit Indien hätte US-Präsident George W. Bush kaum machen können. Just am Vorabend der alles entscheidenden Iran-Beratungen der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEO) in Wien hat Bush deren ohnehin zunehmend schwierigen Bemühungen zur Verhinderung der atomaren Proliferation einen Bärendienst erwiesen.

Ahmadinedschad wird jetzt mit noch größerem Widerhall im eigenen Land und darüber hinaus nicht nur in der islamischen Welt die „Doppelstandards“ der USA beim Umgang mit den Nuklearprogrammen anderer Länder geißeln können. Indien habe seine Atombomben wie sein Nachbar Pakistan „auf legitime Weise“ erworben, versuchte Washingtons UNO-Botschafter John Bolton den indo-amerikanischen Nuklearpakt zu rechtfertigen. Die beiden Staaten hätten „nie so getan, als ob sie das Streben nach Nuklearwaffen aufgegeben hätten“ – anders als Iran. Der habe schließlich den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet und wolle dennoch heimlich Atombomben bauen.

Washington darf sich nicht wundern, wenn Boltons Äußerung im Iran und anderswo geradezu als Aufforderung verstanden wird, aus dem Abkommen auszusteigen, auch weiterhin nicht beizutreten (Pakistan, Israel) oder den vollzogenen Austritt nicht wieder rückgängig zu machen (Nordkorea).

Washingtons Nuklearpakt mit Delhi, der auf eine durch internationale Kontrollen gewährleistete strikte Trennung zwischen „zivilem“ und militärischem Atomprogramm Indiens setzt, bringt die US-Regierung in Widersprüche zu ihrer bisherigen Behauptung der Unzuverlässigkeit internationaler Rüstungskontrollregimes. Eine Behauptung, mit der die präventive Militärstrategie von 2002 sowie der Irakkrieg begründet wurden und mit der demnächst vielleicht auch Angriffe gegen Iran gerechtfertigt werden. Wie die IAEO die ihr von den USA zugedachte Rolle wahrnehmen soll, die strikte Trennung zwischen „zivilem“ und militärischem Atomprogramm Indiens – eines Nichtmitglieds des Sperrvertrages – zu überwachen, ist bislang nicht geklärt. ANDREAS ZUMACH