BVG-Streik steht auf dem Plan

Ver.di lässt über Arbeitskampf bei BVG-Tochter BT abstimmen. Gewerkschaft will für die 1.500 dort beschäftigten Bus- und U-Bahn-Fahrer den gleichen Tarifvertrag durchsetzen wie bei der BVG-Mutter

von ULRICH SCHULTE

Die Fußball-WM naht, der Wahlkampf läuft an – ein Streik im Nahverkehr wäre für Politik und Unternehmen katastrophal. Doch die Gewerkschaft Ver.di ruft die Beschäftigten der BVG-Tochter Berlin Transport (BT) zur Urabstimmung. „Ab Mitte März werden die Kollegen abstimmen, in der elften oder zwölften Kalenderwoche“, sagte Ver.di-Gewerkschafter Frank Bäsler gestern der taz. Für die BT arbeiten rund 1.500 Bus- und U-Bahn-FahrerInnen. Blieben sie zu Hause, hätte dies beträchtliche Auswirkungen für den BVG-Betrieb. Zum Vergleich: Bei der BVG selbst sind rund 4.000 FahrerInnen beschäftigt.

In der BT-Chefetage bereitet man sich bereits auf einen wilden Frühling vor. „Natürlich ist eine Urabstimmung eine Absichtserklärung. Ich rechne mit einem Arbeitskampf“, sagt BT-Geschäftsführer Dietrich Dubrowsky. Die Fronten sind verhärtet. Bereits Ende Januar war Ver.di aus den Tarifverhandlungen ausgestiegen.

Seit September 2005 gilt für die BVG-Mitarbeiter der Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N). Er regelt das Tarifniveau für Verkehrsbetriebe der Region. Die Gewerkschaft fordert die 1:1-Übertragung auf die BT und beschuldigt die Firma nun, „diese untere Grenze noch tunneln zu wollen“, so Bäsler. Mehrere Punkte der Anwendungsvereinbarung für die BT sind strittig: So wolle die Geschäftsführung betriebsbedingte Kündigungen für die Laufzeit des Vertrags nicht ausschließen, sagt Bäsler. Auch bei der Lohnanpassung der Altbeschäftigten gibt es einen Dissens. Zudem wolle die Geschäftsführung ihre Mitarbeiter bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bei Dienstschichten oder Pausenzeiten schlechter stellen, als es der TV-N vorsieht, argumentiert der Gewerkschafter. „Die Kollegen sind enttäuscht. Sie haben viel für die Firma gegeben. Jetzt sehen sie sich mit einer Blockadehaltung konfrontiert.“

BT-Geschäftsführer Dubrowsky steht unter Druck. Nicht nur rebellische Gewerkschafter, auch die BVG-Vorstände sitzen ihm im Nacken. Denn die BVG hat die BT 1999 vor allem gegründet, um von ihr wesentlich schlechter bezahlte Fahrer auszuleihen – und so Geld zu sparen. „Wenn nun für BVGer und BTer der gleiche Tarifvertrag gilt, ist das Konstrukt der Tochterfirma hinfällig“, heißt es intern – offiziell will man sich nicht zu dem Konflikt äußern.

Entsprechend hat Dubrowsky Probleme mit „der Ver.di-Vorstellung, den Tarifvertrag ohne jede firmenbezogene Änderung durchzusetzen“. Er rechnet anders als die Gewerkschaft. Schließlich habe sein Unternehmen die Arbeitszeitverkürzung bei der BVG im vergangenen Jahr mitgemacht. Die Löhne blieben aber, anders als bei der BVG, gleich. „Real haben unsere Mitarbeiter 2005 so eine Lohnerhöhung von zehn Prozent bekommen, zusätzlich zu einem Aufschlag von zwei Prozent im Januar.“ Trotz der grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten gibt sich Dubrowsky optimistisch: „Ich hoffe, dass es noch eine Einigung geben wird.“

Auch die Gegenseite hält sich alle Türen offen. Der Betriebsratsvorsitzende der BT, Thomas Wiener, berichtet von „Signalen, die wieder in Richtung Verhandlungen gehen“. Die Ankündigung der Urabstimmung habe Wirkung gezeigt, vermutet er: „Das hat offenbar einige zum Nachdenken gebracht.“ Auch Gewerkschafter Bäsler betont: „Wenn es Maßnahmen gibt, dann solche, die die Kunden möglichst wenig treffen.“ Im Klartext: Anders als die S-Bahn-Beschäftigten (siehe Kasten) schließt er den Streik während der WM aus.

Immerhin hat der drohende Arbeitskampf für Ver.di einen positiven Effekt. Waren einst nur 25 Prozent der BT-Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert, sind es seit Scheitern der Verhandlungen im Januar über 40 Prozent. Bäsler sagt ironisch: „Aus unserer Sicht ist das betriebswirtschaftlich ein Erfolg.“