Jukebox - Der musikalische Aszendent

Die Replikanten sind schon längst unter uns

Manche Sachen kann man sich einfach nicht vorstellen. Das Nichts zum Beispiel. Oder dass mal eine Coverband auf die Bühne kommen wird, um das Werk einer Band nachzustellen, die niemals nicht über den engeren Bekanntenkreis hinaus wahrgenommen wurde (zur Illustrierung dieser Vorstellung bitte Namen Ihrer speziellen nicht bekannten Band einsetzen). Wobei Letzteres ja für die Musikforschung sogar einen Reiz hätte.

So unübersichtlich sei die Lage im Pop inzwischen, ist manchmal zu hören. Alles hätte sich verzettelt in einer Masse an Namen, die sich doch niemand mehr merken könne. Mit ein wenig an Systematik aber lässt sich die gesammelte Popgeschichte immer noch an drei Fingern abzählen. Da ist zum Ersten das Prinzip Beatles: das Ausgleichende. Gefällige. Dagegen das Prinzip Rolling Stones: rüpelnd. Delinquent. Mopedfahrer des Rock. Etwas abseits davon als Prinzip drei Pink Floyd: delinquentes Denken, experimentelle Kunst (oberschülertauglich), der unbedingte Wille zu dem, was man gerade unter Originalität versteht. In diese drei Töpfe lässt sich wirklich alles einsortieren. Auf die Beatles folgen Queen, Oasis, R.E.M. Die Rolling Stones sind ewig jung mit Led Zeppelin, AC/DC (die Schuluniform!), Sex Pistols, The Strokes. Das Prinzip Pink Floyd: Coldplay, Radiohead.

Weil der Mensch dann doch am liebsten forever young sein möchte und eher nichts dazulernen, gibt es auf dem weiten Feld der Coverbands – die das Kerngeschäft ja zerrspiegelnd bestätigen – am meisten Einträge bei den Mopedfahrerrockern. Tonnenweise Bands, die nichts anderes wollen, als auf der Bühne Led Zep oder AC/DC komplett nachzustellen, während von den Beatles doch eher nur einzelne Lieder hergenommen werden.

Reproduktionen der originalitätssüchtigen Kategorie drei aber verbieten sich eigentlich von selbst. Trotzdem wird gerade dieses Segment in den letzten Jahren mächtig ausgebaut. Ein Replikantenwesen, nur vergleichbar mit dem präzisen Nachmalen von Alten Meistern. Kunstvoll. Sinnlos. Natürlich reist auch das „Beyond the Darkside“-Unternehmen mit dem Hinweis durch die Welt, dass es sich hier um eine „authentische Reproduktion“ handelt. Note für Note Pink Floyd. Drei Stunden lang, in einem eigens dafür eingerichteten Zelt, das in Berlin noch bis zum 11. März auf dem Zentralen Festplatz am Kurt-Schumacher-Damm aufgerichtet ist. High-End-Gemütskitsch, den man sich ja mal für 44 Euro gönnen kann. THOMAS MAUCH