Vom „Central Park“ bis zur Badewanne

Der taz-Ideenwettbewerb ist nicht der erste Wettstreit um die Mitte Berlins. Bislang galt das Augenmerk aber dem Schlossplatz und der Frage Palast oder Schloss oder gar nichts von beidem. Ein Rückblick auf Entwürfe und Entwerfer

Der letzte Entwurf stammte von Philipp Oswalt. Warum nicht die Bodenwanne, auf der der Palast der Republik stand, nach dem Abriss der Palastruine weiternutzen, fragte sich der Architekt. Mitten auf dem Schlossplatz würde damit ein weiterer Ort entstehen, den man sich als Spielstätte aneignen könnte – vom Badespaß bis zu Performances auf der Wasser. Die Mitte als Badewanne halt.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), hat dem Vorschlag von Oswalt zwar umgehend eine Absage erteilt. Doch dem Lauf der Fantasien sind keine Grenzen mehr gesetzt. Das gilt nicht nur für die unmittelbare Gegenwart, in der der Abriss des Palastes begonnen hat. Es galt bereits für die Zeit nach der Wende, in der die ersten Wettbewerbe für das Schlossplatzareal stattgefunden hatten.

Unmittelbar nach der Schließung des Palastes der Republik und der Schlossattrappe von Wilhelm von Boddien begann eine ebenso intensive wie erregte Debatte um die Zukunft des Ortes. Die erste Initiative war der städtebauliche Ideenwettbewerb Spreeinsel im August 1993. Auslober waren die Bundesrepublik Deutschland und das Land Berlin. Dabei galt es, sich mit dem historischen Stadtgrundriss auseinander zu setzen und Neubaupotenziale für die Hauptstadt zu identifizieren.

Im Mai 1994 tagte das Preisgericht, das aus den eingereichten 1.106 Arbeiten aus über 50 Ländern 5 Preise und 7 Ankäufe auswählte. Zu ihnen gehörten unter anderem der Entwurf von Christoph Langhoff. Der beinhaltete nicht nur die Rekonstruktion des Stadtschlosses, sondern auch eine dichte Bebauung am Spreeufer, mit der er die Philosophie des späteren Planwerks Innenstadt – Urbanität durch Dichte – vorwegnahm.

Doch aus den Entwürfen wurde nichts, die Ministerien der Bundesregierung wurden in Altbauten untergebracht. Den zweiten Anlauf für die Zukunft des Schlossplatzes initiierte diesmal nicht der Bund oder das Land, sondern der Tagesspiegel. Gefragt waren Ideen und Konzepte, die der aufgekommenen Schlossdebatte neue Impulse geben sollten.

Die ab Herbst 1996 abgedruckten Beiträge versammelten tatsächlich ein breites Spektrum an Entwürfen. Unter ihnen war auch eine Arbeit von Sir Norman Forster, der am Schlossplatz weder den Palast der Republik erhalten noch einen Schlossneubau errichten wollte. Stattdessen sollte ein öffentlicher Raum entstehen, der ganzjährig und bei Bedarf wettergeschützt bespielt werden könnte.

Es folgten weitere Initiativen wie die Perspektivenwerkstatt der „Prince of Wales’s Urban Task Force“ oder das Interessenbekundungsverfahren Schlossplatz Berlin. In diesem beschossen die Bundesregierung und der Berliner Senat 1996 ein Konzept für die Nutzung und Finanzierung einer Bebauung auf dem Schlossplatz. Eine Mischung aus kulturellen, öffentlichen und privaten Nutzungen sollte „das Vakuum in der Mitte Berlins“ füllen und die „föderale Vielfalt Deutschlands“ widerspiegeln.

Aber auch nachdem im Oktober 2000 eine internationale Expertenkommission „Historische Mitte Berlin“ zusammentrat und sich mit knapper Mehrheit für die Errichtung eines Humboldt-Forums und die Rekonstruktion der Schlossfassade aussprach, rissen Ideen und Entwürfe nicht ab. Der Platz, der wie kein anderer die Geschichte Deutschlands von den Preußen über die Teilung bis zur Weidervereinigung symbolisiert, ist kein Platz wie jeder andere. Der Ideenwettstreit ist somit auch Ausdruck einer Planungskultur von unten, die den Vorgaben von oben nicht unbedingt folgen muss.

Von den bisher veröffentlichten Entwürfen wurde bisher keiner realisiert. Auch wie das Humboldt-Forum einmal aussehen wird, wissen wir nicht. Schließlich muss auf ein Investorenauswahlverfahren noch ein Architekturwettbewerb folgen. Und das kann dauern. Laut Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kann mit dem Neubau des Humboldt-Forums deshalb nicht vor 2012 begonnen werden. Wahrscheinlich wird es sogar noch später.

Bis dahin ist also viel Zeit und viel Platz für neue Ideen. Und für einen Freiraum, den wir dringend nötig haben. Es ist die Zeit und der Platz für Ihre Ideen, liebe taz-Leserinnen und Leser. Wir sind gespannt. UWE RADA

Die bisherigen Entwürfen findet man unter www.schlossberlin.de