Die Umfaller

Schluß mit der Schlechtschreib-Opposition! Springer akzeptiert nun doch die neue Rechtschreibung

„Sie wünschen sich doch hoffentlich auch das ß zurück“, stellte ein FAZ-Redakteur einer Kollegin vor einiger Zeit die Gretchenfrage. Sie verneinte. Sie wolle das ß genauso wenig wiederhaben wie die D-Mark.

Die FAZ hingegen widersetzt sich auch weiterhin hartnäckig der reformierten Rechtschreibung wie die Gallier in Asterix’ Dorf der römischen Übermacht. Vorläufig bleibe in der FAZ alles beim Alten, heißt es aus der Literaturredaktion. Der Ressortleiter Hubert Spiegel lässt Journalistenanfragen von seiner Sekretärin abwimmeln. Die Rechtschreibreform sei dort kein Thema. Ende der Durchsage.

Seitdem der Axel Springer Verlag gestern ankündigte, bis zum 1. August zur reformierten Rechtschreibung zurückzukehren, ist die Frankfurter Allgemeine die letzte deutsche Zeitung, in der die Texte nach den alten Regeln redigiert werden.

Damit ist die großangelegte Kampagne gegen die Rechtschreibreform gescheitert, die von Spiegel, FAZ, aber vor allem vom Axel Springer Verlag ausging. Dessen publizistisches Flaggschiff Bild titelte am 8. August 2004: „Schluß mit der Schlechtschreib-Reform! BILD kehrt zurück zur alten Rechtschreibung“, gestern dann die „Abkehr von der Abkehr“, wie Spiegel Online schrieb.

„Die Axel Springer AG will sich der Chance auf einen Konsens in Fragen der deutschen Orthographie nicht entgegenstellen“, verbreitete der Verlag in einer Pressemitteilung, „bedauert aber, ebenso wie große Teile der Öffentlichkeit, daß [sic] die Rechtschreibreform alles andere als ein überzeugendes Ergebnis vorzuweisen hat“.

Zwar hat Springer durch diese Entscheidung seine fundamentaloppositionelle Haltung aufgegeben, doch die Zugeständnisse an die Zeitläufte sind halbherzig, denn: „Der Verlag wird nach Umstellung auf reformkonforme Schreibung bei optionalen Schreibweisen weitestgehend die klassische Rechtschreibung anwenden“ – also zum Beispiel „Orthographie“ statt „Orthografie“ schreiben.

„Eine Einheitlichkeit existiert mit reformierter Rechtschreibung nicht mehr“, stellt der Verlag ganz richtig fest, zieht daraus jedoch die falschen Konsequenzen, indem er teilweise an veralteten Schreibweisen festhalten will, nur um sein Gesicht zu wahren. Auf den Bild-Titel hat es Springers Rückzieher gestern übrigens nicht geschafft. Andere Dinge waren wichtiger: „Franz macht Klinsi platt“. DAVID DENK