Be mom, stay cool

Mutter zu sein zahlt sich aus – das ist die banale Botschaft

VON SUSANNE LANG

Wie wäre es mit Henry Günther Ademola Dashtu Samuel? Oder doch lieber San Diego Franjo? Beide Investitionen klingen nach einer Verheißung: nach Exotik und Exklusivität, nach Status und Geld. Die Entscheidung fällt also nicht schwer, weder Medienredaktionen noch Werbeagenturen oder Spindoktoren. Beide verkaufen sich prima: Henry, jüngster Spross von Model Heidi Klum. Und San Diego, erster Nachkömmling von Verona Pooth, ehemals Feldbusch. Prompt fragte sich das Ostmutterexperten Blatt Super Illu Anfang des vergangenen Jahres, nach San Diegos und unmittelbar vor Henrys Geburt: „Immer mehr Promi-Frauen (übrigens alle zwischen 30 und 40!) wollen Nachwuchs. Ein neuer Trend?“

Mag Konrad Adenauer in den 50er-Jahren noch richtig gelegen haben mit seiner Küchenweisheit, Kinder kriegten die Leute immer, so gilt heute: Kinder kriegen die unprominenten Leute, wenn überhaupt, nur nach schwierigsten Kopfgeburten.

Dabei machen es die prominenten Veronas und Heidis doch so schön vor. Heutzutage gilt die Marktweisheit: Kinder gehen immer. Ein neues Geschäftsprinzip hat den Werbe- und Modemarkt erobert. Be mom, stay cool. Denn genau genommen verkaufen sich Verona und Heidi prima, die Mütter von jenem Henry Günther Ademola Dashtu Samuel und jenem San Diego Franjo mit ihrer Investition fürs Imageleben. Das Kapital folgt unmittelbar nach der Geburt, mit Babytagebüchern samt Geburtshilfetipps und der brennenden Frage: Kriegt sie ihre Pfunde los? 18 Kilo mehr und irgendwie doch sehr zu viel waren es bei Exmodel Verona Pooth, die sich so rund so wohl fühlen durfte, bis „rund“ als Schlagzeile nicht mehr interessierte.

Model Heidi Klum löste das imagegemäß schlauer und lief schlank trainiert wenige Wochen nach der Geburt von Henry wieder über den Laufsteg, ganz so, als hätte sie ihn neulich mal eben beim Shopping im Kinderkaufhaus erworben und nicht geboren. Wie es wirklich war, warum kein Kaiserschnitt und wieso die Anwesenheit des Partners Seal so wichtig war, verkaufte sie exklusiv einer amerikanischem Hochglanzmagazin, inklusive Fotostrecke. Ihre Kindermodekollektion, die „Klum Collection“, ist selbstverständlich bereits erweitert. Und Reinhold Beckmann war es schließlich, der ausgewiesene Mütterversteher, der Klum bei einem Besuch seiner Talkrunde zugestand: „Eine ganz normale Mutter also!“ Weil sie ihr Gepäck und das Baby am Flughafen selbst getragen habe.

Muttersein zahlt sich aus, so lautet die zunächst banal anmutende Botschaft der prominenten Vorzeigemütter, die am Werbe- und PR-Markt jedoch nur funktioniert, weil sie bestimmte Parameter des gesellschaftlichen Diskurses bedient. Mütter sind ein seltenes Gut, also nachgefragt. Mütter handeln im Sinne der Rentensicherung verantwortungsbewusst, also nachgefragt. Mütter sind sexy, also begehrenswert. Sie müssen keine Hausfrauen sein, Karriere und Kind lassen sich vereinbaren, auch in Deutschland. Eingebettet in die Konsumkultur, wird Familie zum Ort der Träume und Projektionen, wie es die israelische Soziologin Eva Illouz für die Liebe, die Romantik nachgezeichnet hat. Anleihen für die neuen Mutter-Role-Models borgt man sich genau bei jenen Pooths und Klums, die sich in abgespeckten Alltagsvarianten in Hausfrauen-Bestsellern wie Susanne Fröhlichs „Familienpackung“ mit ihren Kinderstrickmodenentwurf-Projekten herumschlagen.

Kinder sind emotionales Kapital. Gleichzeitig werden sie mit einem symbolischen Lifestyle-Wert aufgeladen, der für Deutschland neu ist, den verkrampften Umgang mit Kinder und ihren Müttern aber nur schwer lösen kann. Verona Pooth ist das bisher optimierte Beispiel. Ihr Sohn lässt sich nicht nur mühelos mit der Karriere vereinbaren. Er sichert nach Imageeinbrüchen (Superstar & Naddel-Bohlen-Eklats) die Karriere. Kinderfrau und Schwiegereltern kümmern sich, so Pooth, wenn es die Auftrags-und Auftrittslage erfordert. Sonst reist der zweijährige San Diego mit. Die „Werbe-Ikone“ und „Selfmade- Frau“ möchte ihrem Kind „in der Glamourwelt ein Stück Normalität bewahren“, wie Beckmann weiter erfuhr, „Ich möchte ihn weder verstecken, noch möchte ich ihn vermarkten“, gestand Pooth. Wie es der Zufall so wollte, rannte San Diego neugierig just da ins Beckmann-Kuschel-Studio. Ein exklusiver Auftritt für seine „Mamita“.

So viel Kind war nie im Late-Schmuse-Talk – selbstverständlich und kinderfreundlich bereits nachmittags aufgezeichnet, so Beckmann. Das Projekt Kind wird mit allem Karriereehrgeiz und aller Perfektion durchgezogen, ein Ausstellungsstück für das sozial- und biopolitisch perfekt designte Leben. Von diesen Ein-Frau-Merchandising-Unternehmen à la Pooth und Klum darf akademische Frau zwischen 30 und 40 nun lernen: Vater-Mutter-Kind-Familie heißt die schöne alte Illusion, in der mittlerweile sogar funktionale Aspekte wie Alltagsmanagement einen sexy Platz gefunden haben. Stolz präsentiert der Staubsaugerhersteller „Vorwerk“ im neusten Werbespot seine adrette Familienmanagerin. Früher hieß sie Hausfrau. Aber Adenauer haben wir ja nun wirklich hinter uns gelassen.