Gans relaxed im Hier und Jetzt

Ob Hundemassage, Katzenyoga oder Lichttherapie für Vögel: Wellness für Tiere ist schwer im Kommen, glauben Werbefachleute. Denn viele Halter denken, was ihnen gut tut, genießt auch ihr Tier. Ob das in jedem Fall stimmt?

Die häufigsten Ursachen für Stress bei Tieren: hektische Besitzer und falsche Haltung

Alice Borchards ist eine der Ersten ihrer Profession. Die junge Frau ist Doggy-Wellness-Spezialistin. Diesen Beruf hat Ernst Crameri aus Bad Dürkheim kreiert. Bei ihm lernte Borchards ihr Handwerkszeug, unter anderem das Einmaleins der Hundemassage. Seit anderthalb Jahren reibt, drückt und knetet die 28-Jährige nun selbst, in der „Villa Kunterbunt“ – ihrem Hotel für Mensch und Tier in Zwenzow in Mecklenburg-Vorpommern. „Energetische Massagen sind am erfolgreichsten“, sagt sie und meint damit Reflexzonenmassagen. Die gibt Borchards an Pfoten, Ohren oder Kopf, je nachdem, „was der Hund lieber mag“. Die Tiere genössen die handfeste Aufmerksamkeit, vor allem solche mit Hüftdysplasie oder Dackellähmung.

Wellness liegt im Trend – auch für Hunde, Katzen & Co. Marc Schwieger von der Werbeagentur Scholz & Friends sieht hier für die nächsten Jahre einen großen Markt. Yogalehrer in den USA und Großbritannien sind bereits auf den Hund und die Katze gekommen. Es scheint also nur eine Frage der Zeit, bis „Doga“ und „Caga“ auch bei uns angeboten werden. Keine Sorge, dem können Halter und Haustier schon jetzt entspannt entgegensehen.

Zum Beispiel mit „TTouch“: Von Linda Tellington-Jones ursprünglich für Pferde entwickelt, eignet sich die Methode auch, kleinere Felltiere zu verwöhnen. Dazu berührt der Mensch das Tier mit leicht kreisenden Bewegungen und schiebt das Fell sanft hin und her. Das verbessere die Körperwahrnehmung und das Selbstbewusstsein, sagt Tierärztin Cécile-Simone Alexander. Die Tiere hätten weniger Angst und würden ruhiger. Vorbild für den „Tellington Touch“ war übrigens die Feldenkrais-Methode – Bewegungsübungen für Menschen.

Reiki hilft meinen Patienten, warum nicht auch meinen Tieren, dachte sich auch die Berliner Heilpraktikerin Christiane Brischke und probierte es aus. Ihre Hunde, Katzen, aber auch die Ente und die Gänse würden ruhiger und gelassener, berichtet sie.

Was ich mag, tut auch meinem Haustier gut? Das glauben viele Besitzer. Oft zu Recht, wenn es um Entspannung geht. Die Tierheilpraktikerin Karin Bischof behandelt nervöse Patienten zum Beispiel mit einer entsprechende Mischung aus Bachblüten oder einer Farbtherapie. Schon lange sehr erfolgreich bei Pferden eingesetzt, können Farben auch andere Tiere positiv beeinflussen. Vögel beispielsweise liebten Orange, weiß die Berlinerin. Zur Beruhigung empfiehlt sie Grün. „Dabei reicht es oft, eine grüne Birne in eine Lampe zu schrauben und das Tier darunter zu setzen.“ Dem Halter rät sie zum Hinzugesellen. Schließlich sei es oft die Frage, von wem der Stress eigentlich ausgeht.

So stellt Yvonne Günther, Tierheilpraktikerin aus Neu-Anspach, fest: „Immer mehr Menschen übertragen ihren Fitnesswahn auf ihren Hund.“ Stundenlange Radtouren und ausgiebiges Joggen plus Hundesport überforderten die Vierbeiner. Schließlich seien die Tiere so übertrainiert, dass ihnen normales Spazierengehen nicht mehr reiche. „Sie reagieren dann wie müde, überdrehte Kinder, die nicht zur Ruhe kommen.“ Dabei bräuchten Hunde zwölf bis sechzehn Stunden Schlaf am Tag.

Teure Wellness für Tiere? Davon hält Günther wenig. „Tiere erleben vor allem Stress, weil der Halter sie mit seiner Hektik infiziert, oder weil er sie nicht artgerecht hält.“ Da leben Vögel mit Katzen – die Bedrohung ständig vor Augen. Zu viele Fische müssen sich ein kleines Aquarium teilen. Kaninchen fristen ein einsames Dasein ohne Rudel, dürfen kaum herumhoppeln und Bauten graben. „Hunde freuen sich zwar über Massagen“, räumt die Fachfrau ein. „Dazu braucht es aber keine fremden Menschen.“ Für einen Hund sei immer sein Halter das Highlight. Wenn der ihn ausreichend streichelt und lobt, ist das Wellness pur für das Tier. MARTINA JANNING

Villa Kunterbunt: www.beauty-relax-villa.de