Berlin schielt Richtung Dresden

Ein britischer Investor will für eine Milliarde Euro Wohnungen in Berlin kaufen. Das lässt Finanzsenator Sarrazin aufhorchen. Doch SPD und Linkspartei wollen keine weiteren Verkäufe

Von FELIX LEE

Jahrelang war mit Immobilien in Berlin kaum was zu holen. Dies sieht ein britischer Finanzinvestor anscheinend nun anders. Ein neues Unternehmen namens Puma Brandenburg Limited erklärte gestern, dass es in den kommenden Jahren für über eine Milliarde Euro Wohnungen in Berlin kaufen will. Damit steht der Berliner Wohnungsmarkt vor dem massiven Einstieg eines weiteren ausländischen Finanzinvestors.

Das Unternehmen, das auf der Kanalinsel Guernsey registriert ist und zur britischen Shore-Capital-Gruppe gehört, hat eigens dafür einen Investmentfonds aufgelegt. Der Berliner Immobilienmarkt sei im Vergleich zu anderen Großstädten günstig und habe Potenzial, begründete ein Unternehmenssprecher die Entscheidung.

Diese Ankündigung steht vor dem Hintergrund des Verkaufs sämtlicher Wohnungen in Dresden, die in kommunaler Hand waren. Dort hatte die Stadt am Donnerstag entschieden, den kompletten Wohnungsbestand für 1,7 Milliarden Euro an einen US-Investor zu verkaufen. Auf einen Schlag kann die sächsische Landeshauptstadt ihre gesamten Schulden tilgen – ein Schritt, der Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) aufhorchen lässt.

Zwar kündigte Sarrazin gestern an, dass er einen Komplettverkauf wie in Dresden vorerst nicht für notwendig hält. Immerhin seien die Wohnungsbaugesellschaften auf gutem Weg, eine angemessene Rendite abzuwerfen, sagte Sarrazin.

Zugleich brachte er eine gigantische Zahl ins Spiel: Wenn Berlin seine sechs großen Wohnungsbaugesellschaften mit mehr als 280.000 Wohnungen verkaufen würde, ließen sich nach Abzug der Schulden 5 Milliarden Euro einnehmen.

Damit aber wäre der Streit in der Koalition programmiert. Während Sarrazin zur Sanierung des Haushalts gerne mehr Wohnungen abstoßen will, haben SPD und Linkspartei nach wochenlangem Tauziehen entschieden, einen Bestand von mindestens 250.000 Wohnungen in landeseigenem Besitz zu halten.

Unterstützung erhält der Finanzsenator dagegen von der FDP: „Dresden muss Vorbild für Berlin sein“, forderte der Abgeordnete Klaus-Peter von Lüdeke. Carl Wechselberg von der Linkspartei bleibt aber gelassen: Mit der SPD sei fest vereinbart worden, dass die öffentlichen Bestände so weit erhalten bleiben, dass man auch weiterhin Einfluss auf die Mietentwicklung nehmen kann, so Wechselberg. „In dieser Koalition wird sich Sarrazin nicht durchsetzen können.“ Ähnlich schätzte es Oliver Schruoffeneger von den Grünen ein: „Sarrazin stänkert doch nur.“

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