Kein typischer Schwulenfilm

Der NRW-Chef der Schwulenunion Stefan Kwasniewski über den oscargekrönten Film „Brokeback Mountain“

Stefan Kwasniewski, NRW-Landeschef der Lesben- und Schwulenunion (LSU) hat sich am Wochenende „Brokeback Mountain“ angeschaut. Direkt nach der Vorstellung sprach die taz mit dem 35-jährigen Berufsschullehrer aus Düsseldorf:

taz: Wie fanden sie den Film?

Stefan Kwasniewski: Beeindruckend, manchmal etwas lang. Wohltuend war für mich, dass kein Klischee bedient wurde. Homosexualität ist als etwas völlig Normales dargestellt worden. Heath Ledger und Jake Gyllenhaal haben sehr gut und echt gespielt.

Homosexualität ist nur das beiläufige Thema in einem Liebesdrama. Hat das funktioniert?

Ich habe den Film nicht so erlebt. Die Homosexualität hat in „Brokeback Mountain“ einen hohen Stellenwert. Die Geschichte lebt ja von der Spannung, wie es zwischen den beiden Männern ausgeht. Dass es kein Happy End gibt, in jener Zeit, in jenem Land, war mir sehr bald klar. Deshalb ist er ja auch kein typischer Schwulenfilm.

Die Protagonisten scheitern eher am Individuellen als am Gesellschaftlichen. Entspricht das der Einschätzung der LSU, dass die Community nicht mehr so arg kämpfen muß?

Nein, wir sagen nicht, dass nichts mehr verändert werden muss. Viele Kämpfe sind noch nicht gewonnen. Es fehlt immer noch an Akzeptanz. Da kann man, ausgehend von „Brokeback Mountain“, noch an manchen Tabus kratzen. Wo sind zum Beispiel im WM-Jahr die deutschen Fußballer, die schwul sind?

Wenn Schwule in echte Männerdomänen vordringen, gibt es panische Reaktionen. Wie gefällt der CDU dieser oscarprämierte Film?

In der CDU ist niemand entsetzt über „Brokeback Mountain“.

Hat Jürgen Rüttgers den Film gesehen?

Ich weiß nicht. Ich kann ihn ja mal fragen.

Hilft der Film, schwule Anliegen besser durchzusetzen?

Das sollte man nicht überbewerten. Natürlich verhilft er zu einer anderen Sichtweise der Dinge. Viele meiner heterosexuellen Freunde werden sich auch “Brokeback Mountain“ anschauen. Da wird sich vielleicht etwas verändern.

Haben es Cowboys in der Provinz schwerer?

Das „Coming out“ ist in Düsseldorf oder Köln bestimmt viel leichter als in der Eifel, im Sauerland oder in Ostwestfalen. Deshalb setzt sich die LSU auch dafür ein, dass mehr Geld für Beratungsstellen in die Provinz fließen.

Aber NRW ist heutzutage weiter als Wyoming 1963?

Auf jeden Fall.

Wieviele NRW-Landtagsabgeordnete sind seit vergangenem Juni der LSU beigetreten? Damals gab es noch keinen offiziell schwulen CDU-MdL.

Einen haben wir schon. Marc Ratajczak aus dem Kreis Mettmann.

INTERVIEW: LUTZ DEBUS