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: Ein Lead kann eine Brücke sein

Über eine Medienpreis-Verleihung, die sich selbst mit den Worten „Bryan Adams kommt“ bewirbt, ist eigentlich schon alles gesagt. Doch bei den Lead Awards, die heute verliehen werden, lohnt sich das genaue Hinschauen

Mit Medienpreisen ist es in Deutschland wie mit Late Night Shows: Es gibt einfach zu wenig Prominente, als dass man jede Veranstaltung mit halbwegs wichtigen Leuten füllen könnte. Eine Lösung ist es, es wie das Medienmagazin V.i.S.d.P. zu machen: Konzept und Jury vom Konkurrenten Medium-Magazin übernehmen und dieselben Leute ein zweites Mal über die „Journalisten des Jahres“ abstimmen lassen. Immerhin: Hier können sich die Juroren nicht selber zum Preisträger küren. Dafür gibt es nämlich einen, nun ja, ganz eigenen Preis: den Lead Award.

Unter Vorsitz von Ex-Tempo-Chef Markus Peichl verleiht die Lead Academy heute zum 14. Mal ihre „führende Auszeichnung für Print- und Online-Medien“. Die Lead-Lösung des Promi-Dilemmas ist es, möglichst viele hochkarätige Medienmacher in die Jurys einzuladen und ihnen möglichst viele Möglichkeiten geben, ihre eigenen Medien auszuzeichnen – damit sie nächstes Mal möglichst wiederkommen. Dieses Jahr konnte sich zum Beispiel Stern-Art-Director Tom Jacobi entscheiden, ob er lieber eine Aufnahme aus dem Stern Nummer 37 oder Nummer 48 als Fotografie des Jahres sah. Und Stern-Chef Andreas Petzold konnte gemeinsam mit Verlegerin Angelika Jahr überlegen, ob sie dem Stern-Twen-Ableger Neon aus dem Hause Gruner + Jahr den Preis als „LeadMagazin des Jahres“ gönnten (taz-Prognose: ja).

Überhaupt Neon: 2005 ätzte Peichl noch darüber, wie „brav und bieder“ das Eigentlich-Erwachsenen-Heft wäre. 2006 „traut sich“ Neon plötzlich was, „überrascht die Leser und kommt immer wieder mit neuen Ideen“, so Peichl im Tagesspiegel. Für ein Magazin, das seit seiner Gründung als einzige Neuerung zwei Kolumnisten ausgetauscht hat, eine erstaunliche Diagnose. Aber was man nicht alles macht, um einen Großverlag günstig zu stimmen. Oder Ulf Poschardt.

Noch schraubt der Ex-WamS-Art-Director an der deutschen Ausgabe der Vanity Fair, die diesen Frühling erscheinen soll. Vorsichtshalber ist er aber schon dieses Jahr in der Zeitschriften-Jury der Lead Awards vertreten. Damit es nicht ganz so komisch aussieht, wenn Poschardt auch 2007 den Newcomer oder das LeadMagazin mitwählt. Denn was spräche dann gegen Vanity Fair? Markus Peichl sicherlich nicht. HPI