3-Jährigen entführt, um Mutter abzuschieben

Das Vorgehen der Polizei in Dresden bei einer gescheiterten Abschiebeaktion gegen eine Angolanerin sorgt für Proteste

DRESDEN taz ■ Die Grünen in Sachsen, die Dresdner Ausländerbeauftragte Marita Schieferdecker-Adolph und die Hilfsorganisation Pro Asyl sprechen übereinstimmend von einer „Geiselhaft“. Am 6. März ist der dreijährige Sohn einer angolanischen Mutter von zwei Polizeibeamten aus einer Dresdner Kindertagesstätte für mehrere Stunden entführt worden, um so an die Mutter heranzukommen.

Deren Asylantrag war 2002, der für ihren Sohn 2004 abgelehnt worden. Im Juli 2005 hatte die zentrale sächsische Ausländerbehörde in Chemnitz die Abschiebung der 31-Jährigen und ihres Kindes verfügt. Sie bat zugleich die Polizei in Dresden um Amtshilfe, wo die Frau in einem Asylbewerberheim wohnte.

Als man sie an jenem Tag dort nicht antraf, fuhren die Beamten in die Kindertagesstätte des Vereins Outlaw, um so die Mutter herauszulocken. Umstritten ist eine angebliche telefonische Drohung gegen die Mutter, der Junge werde sonst allein abgeschoben. Die Erzieher weigerten sich zunächst, das Kind herauszugeben, schickten aber nach massivem Polizeidruck eine Vertrauensperson zum Kinder- und Jugendnotdienst mit, wohin der Junge gebracht wurde. Nach vier Stunden kehrten die Beamten mit ihm wieder in die Kita zurück. Mutter und Sohn sind seither untergetaucht.

Inzwischen prüft die Staatsanwaltschaft Dresden die straf-rechtliche Relevanz der Polizeiaktion. Die Polizei selbst habe um eine solche Prüfung gebeten, sagte Sprecher Christian Avenarius. „Das war keine Meisterleistung, wir haben sehr unglücklich agiert“, räumte ein Dresdner Polizeisprecher gegenüber Telepolis ein. Polizeipräsident Dieter Hanitsch und Dresdens Oberbürgermeister Ingolf Roßberg verteidigten hingegen die Aktion. Die sächsische Ausländerbeauftragte Friederike de Haas (CDU) wies vor allem auf die humanen Aspekte des Vorfalls hin. „Die Menschenwürde ist ein unantastbares Gut und bestimmt jedes polizeiliche Handeln.“ Deshalb müsse im Zweifel das Kindeswohl im Vordergrund stehen. Sie sprach sich zugleich dafür aus, dass künftig Psychologen, Seelsorger oder anderes geschultes Personal bei Abschiebungen eingesetzt werden sollten.

Auch das Polizeipräsidium will das künftige Verfahren in Abstimmung mit der Ausländerbehörde klären. Die grüne Landessprecherin Eva Jähnigen verlangte eine Entschuldigung gegenüber Mutter und Sohn. „Solche Muskelspiele sind mit unserem Rechtsstaat unvereinbar“, sagte die Rechtsanwältin.

MICHAEL BARTSCH