Rechte scheitern im Demo-Marathon

Tausende Menschen demonstrieren in Friedrichshain, Lichtenberg und Charlottenburg gegen Rechtsextremisten. Die Neonazis versuchen auch, auf die Straße zu gehen. Sie haben nur ein Problem: Es kommen einfach zu wenige

Wer am Wochenende in der Stadt unterwegs war, nahm fast zwangsläufig an irgendeiner Demo teil – denn die Protestveranstaltungen häuften sich. „Kein Kiez für Nazis“ war das Motto, unter dem am Samstag nach Angaben der Veranstalter mehr als 3.000 Menschen in Friedrichshain gegen Rechtsextremisten demonstrierten. Die Polizei sprach von 1.000 Teilnehmern. Die Demo wandte sich gegen die Zunahme nächtlicher Überfälle auf Menschen, die vom Äußeren als links eingeordnet werden können (die taz berichtete).

Linke Gruppen gehen davon aus, dass es sich bei den Tätern um organisierte Neonazis handelt. „Die Protestveranstaltung war ein sehr eindeutiges Signal in Richtung Nazis“, sagte ein Sprecher der Initiative für hedonistische Stadtentwicklung & kosmopolitische Kompetenz, die den Demonstrationszug angemeldet hatte. Ursprünglich habe man lediglich mit 500 Teilnehmern gerechnet.

Bereits am Freitagabend hatten rund 1.000 Antifas gegen rechtsextreme Strukturen in Friedrichshain und Lichtenberg demonstriert. Die Route führte direkt durch die Lichtenberger Weitlingstraße, in der es Anfang der 90er-Jahre ein von militanten Neonazis besetztes Haus gab. Auch heute noch trifft sich dort eine aktive rechte Szene. Im Kiez kam die Gegenwehr gut an: „Ich finde es richtig, dass sich die jungen Leute gegen die Nazis hier im Kiez engagieren“, sagte ein Anwohner. In Redebeiträgen wurde darauf hingewiesen, dass in mehreren Kiezkneipen in Lichtenberg und Friedrichshain bekannte Rechtsradikale ein und aus gehen. Am Ende der Demonstration kam es am U-Bahnhof Samariterstraße zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, als diese mehrere Teilnehmer festnahm. Die Polizei spricht von neun Festnahmen. Die Behörde leitete mehrere Strafverfahren, unter anderem wegen Landfriedensbruch, ein.

Ebenfalls am Freitag beteiligten sich in Lichtenberg knapp 60 Rechtsradikale an einer Spontandemonstration „Schluss mit Antideutscher Hetze“. Um ein Zusammentreffen mit der Antifa-Demonstration zu verhindern, leitete die Polizei den Marsch der Rechten um.

Auch am Samstag suchten Neonazis in Charlottenburg die Öffentlichkeit: Mit nur 90 Teilnehmern blieb ein NPD-Aufmarsch am Vormittag aber weit hinter den Erwartungen der Rechten zurück. Sie hatten die Veranstaltung unter dem Motto „Keine Pariser Zustände in Berlin. Berlin ist eine deutsche Stadt“ für 150 Menschen angemeldet. An einer Gegenkundgebung von Linkspartei und Grünen nahmen rund 150 Anwohner teil. JOHANNES RADKE