NEONAZI-PROZESS
: Justiz urteilt angemessen

Nicht einmal drei Monate sind seit der Verlesung der Anklage vergangen, und schon gibt es die ersten Urteile – für Strafprozesse dieser Art ein unüblich rasantes Tempo. Damit wollte das Landgericht Potsdam offensichtlich beweisen, dass es auf dem rechten Auge keineswegs blind ist. Daher auch die für Heranwachsende recht hohen Haftstrafen von drei Jahren und drei Monaten für die 18-jährige Neonazi-Frau sowie zwei Jahre auf Bewährung für ihre drei Begleiter. Ein angemessenes Verfahren – und ein angemessenes Urteil.

Kommentar von FELIX LEE

Zu Prozessbeginn hatte die Staatsanwaltschaft die Neonazis noch wegen versuchten Mordes angeklagt. Immerhin hätten die Täter bei dem Übergriff den Tod der beiden Opfer billigend in Kauf genommen. Selbst als Heranwachsende, die noch unter das Jugendstrafrecht fallen, hätten sie dafür „lebenslänglich“ hinter Gitter kommen können.

Dass die Staatsanwaltschaft von selbst ihre Anklage auf das Delikt „gefährliche Körperverletzung“ zurückgestuft hat, war ein adäquater Schritt. Die szenebekannten Neonazis sind dafür berüchtigt, dass sie zur Einschüchterung ihrer politischen Gegner vor Gewalt nicht zurückschrecken. Kollektiv morden wollten sie als Gruppe – zumindest an diesem Abend – nicht. Dass eines der Opfer mit einer zerbrochenen Flasche dennoch lebensgefährlich verletzt wurde, als der Großteil der Angreifer bereits abgehauen war, geht auf die Tat eines Einzelnen zurück. Der bekommt im parallel laufenden Erwachsenenprozess in der kommenden Woche hoffentlich eine entsprechende Strafe.

Drei der Verurteilten können ihre Strafe auf freiem Fuß verbüßen. Ihre rechte Gesinnung werden sie durch dieses Strafmaß – das höchstmögliche, das noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann – wahrscheinlich nicht ablegen. Ihre Gewaltbereitschaft, zumindest in den kommenden drei Jahren, wohl schon. Immerhin.