Flierl und die Stasi
: Das Hau-den-Thomas-Spiel

In der Hauptstadt gibt es dieser Tage ein neues Spiel. Es heißt „Hau den Thomas“ und besteht darin, mit größtmöglicher Öffentlichkeitswirkung auf Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei.PDS) einzuschlagen. Ziel ist der Rücktritt des Senators oder, noch besser, das Ausscheiden seiner Partei aus der Regierung.

Kommentar von NINA APIN

Das Spiel begann am 14. März, als Flierl auf einer Diskussionsveranstaltung pöbelnde ehemalige Stasi-Mitarbeiter gewähren ließ. Dass Flierl seinen Auftritt später öffentlich bedauerte, half ihm wenig. Zu verlockend war es für die anderen Parteien, der PDS zeigen zu können, wo der demokratische Hammer hängt. Phrasen wie „Klientelpolitik“ und „Geschichtsverfälschung“ flogen durch den Sitzungssaal.

Die öffentliche Debatte hat jetzt eine neue Stufe der Hysterie erreicht. Politiker und Journalisten überbieten sich darin, ihr Mitgefühl mit den Stasi-Opfern zu bekunden und Flierl zu rügen. Der SPD-nahe Arbeitskreis ehemaliger politischer Häftlinge der SBZ/DDR in der DDR setzt den Senator gar mit Holocaust-Leugnern gleich: In einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) fordert der Verein die „sofortige Entlassung“ des Kultursenators. Die Begründung: Man bestrafe ja auch Personen, die Unwahrheiten über Auschwitz erzählten.

Das hat Flierl nicht verdient. Er muss sich zwar den Vorwurf gefallen lassen, die Konfrontation mit den Stasi-Männern gescheut zu haben. Auch ist die Frage legitim, ob Flierl aus parteipolitischer Rücksicht zu nachsichtig mit alten Seilschaften war. Doch einen Philosophen, den die DDR „in die kulturpolitische Praxis“ strafversetzte, zum Regimetreuen zu stempeln – das geht zu weit. Die Abgeordneten sollten ihren Hammer einpacken und zugeben, dass ihr Spiel in Wahrheit „Wahlkampf“ heißt.