Stichwort Eispickel

„Basic Instinct 2“ lässt gerade mal die gönnerhafte Feststellung zu, dass Sharon Stone noch immer ganz gut aussieht

Wie populär das Original selbst nach 14 Jahren noch ist, merkt man daran, dass man nur „Eispickel“ sagen muss, und die meisten wissen, was gemeint ist. Von der Szene mit dem Blick zwischen die Beine von Sharon Stone haben selbst die gehört, die 1992 gar nicht im Kino waren. Obwohl nicht unbedingt als Meisterwerk gehandelt, hat sich Paul Verhoevens „Basic Instinct“ als Film mit „Stellen“ fest ins Kinogedächtnis eingegraben und gilt noch immer als einer der „heißesten“ überhaupt.

„Basic Instinct 2“ ist deshalb ein klassisches Unglücksprojekt: so unausweichlich – Erfolgsrezepte müssen ausgeschlachtet werden – wie zum Misserfolg verdammt. Jahrelang wurde das Drehbuch namhaften Regisseuren angeboten und überarbeitet, bis jede Hoffnung auf einen guten Thriller sich endgültig aufgelöst hat und die erwartbare Mischung herauskam – zu nah am Original und zu weit weg von dessen Originalität.

Die Handlung wurde von San Francisco nach London versetzt, sonst ist alles wie gehabt: Sharon Stone spielt Catherine Tramell, die in ihren Romanen Verbrechen beschreibt, die dann auch passieren. Leichen pflastern sozusagen ihren Weg, weshalb ein Polizist (David Thewlis) „die Fotze hinter Gittern bringen möchte“ und ein Psychoanalytiker (David Morrissey) sie zu therapieren versucht. Der Zuschauer weiß, dass beide gleichermaßen zum Scheitern verurteilt sind. Ihre Funktion besteht hauptsächlich darin, mit feuchtem Blick und halb offen stehendem Mund den visuellen Beweis für den überwältigenden Sexappeal von Sharon Stone zu erbringen, was die Entwicklung ihrer Figuren doch sehr einschränkt.

Der Film ist durchsetzt mit Anspielungen auf das Original, die man einerseits als Hommage, andererseits als mangelndes Zutrauen in eigene Ideen interpretieren kann. Gleich mehrmals widersetzt sich Sharon Stone dem Rauchverbot mit Sätzen wie: „Ich finde Regeln langweilig“, die aus dem Mund der reifen Schönheit wie eine ungewollte Parodie auf pubertäre Freiheitsbedürfnisse klingen. Wie einst die Michael-Douglas-Figur hat der Psychoanalytiker eine Ex, auf die kurze Zeit der Verdacht gelenkt wird, und einen Makel in seiner eigenen professionellen Vergangenheit, der ihn ebenfalls als Täter in Frage kommen lässt. Und als bei so viel Vorhersehbarkeit einfach keine Spannung aufkommen will, nimmt Sharon in einer Szene tatsächlich doch noch den Eispickel zur Hand – und pickt damit Eis. Es ist zum Totlachen.

An vielen Thrillern, die auf schlimme Weise Unglaubwürdigkeit mit Vorhersehbarkeit kombinieren, kann man trotzdem seinen Spaß haben. „Basic Instinct 2“ gehört nicht dazu. Nicht zuletzt, weil Sharon Stone mit ihrem posierwütigen Auftritt die Zuschauer in die Position der Jury von Heidi Klums Topmodelsuche versetzt, aus der heraus man ihr gönnerhaft zugesteht, „noch“ ganz gut auszusehen – dabei sollte es doch erotisch heißen.

BARBARA SCHWEITZERHOF

„Basic Instinct 2“. Regie: Michael Caton-Jones. Mit Sharon Stone, David Morrissey u. a. USA 2006, 114 Min.