Polizeichef um Ruf besorgt

Nachdem ein Richter Misshandlungen im Abschiebeknast verurteilt hat, will die Polizei den Vorfall jetzt untersuchen. Grüne fordern mehr Transparenz und kritisieren Korpsgeist

Nachdem ein Berliner Amtsrichter zum ersten Mal bestätigt hat, dass ein Häftling im Abschiebegewahrsam Köpenick misshandelt wurde, kündigt Polizeipräsident Dieter Glietsch eine Überprüfung des Vorfalls an. Sollte sich die Aussage des Richters „durch das Urteil und seine Begründung bestätigen, dann handelt es sich in der Tat um eine Ungeheuerlichkeit, die arbeitsrechtliche Konsequenzen für die beteiligten Angestellten haben wird“, so Glietsch. Als Ungeheuerlichkeit hatte auch der Amtsrichter die Prügel für einen Häftling durch bezeichnet.

Der ghanaische Häftling Peter G. hatte am Montag vor Gericht erklärt, er sei im Abschiebegewahrsam von einem Beamten mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden. Der Angeklagte wurde aber freigesprochen, weil das Opfer im Gerichtssaal einen anderen Polizisten als Täter identifiziert hatte. Der Staatsanwalt kündigte daraufhin an, gegen den Schläger Ermittlungen einzuleiten.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Ratzmann, verlangt im Hinblick auf den Fall mehr Transparenz im Abschiebegewahrsam.„Man muss dafür sorgen, dass solche Fälle an die Öffentlichkeit gelangen“, sagt er. Das Problem sei der Korpsgeist, der unter den Sicherheitskräften herrsche. „Man denunziert nicht gerne.“ Die Grünen fordern daher die Einrichtung eines Polizeibeauftragten, an den sich Mitarbeiter vertrauensvoll wenden können, um Übergriffe von Kollegen auf Häftlinge zu melden.

Wegen solcher Misshandlungsvorwürfe stand das Abschiebegewahrsam schon häufiger in der Kritik. Bisher kam es aber nie zu einer Verurteilung. Der Seelsorger des Köpenicker Gewahrsams, Dieter Müller, erklärt, warum das so ist: „Die Opfer scheuen vor Anzeigen zurück, weil sie mit einer Gegenanzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt rechnen müssen.“ Außerdem seien Häftlinge wegen ihres kulturellen Hintergrunds wenig geneigt, sich mit der Polizei anzulegen.

Der Seelsorger hat auch Positives zu vermelden. Bei seiner Arbeit im Abschiebegefängnis habe er in letzter Zeit Verbesserungen wahrgenommen. „Die Beamten achten mehr darauf, was ihre Kollegen tun“, sagt Müller. Damit hätten auch die Klagen von Häftlingen abgenommen. Polizeipräsident Glietsch sieht das ähnlich und bangt wegen des jüngsten Falls um das Image seiner Truppe: „Ich würde es bedauern, wenn der gute Ruf, den sich die Mitarbeiter erarbeitet haben, wieder Schaden nehmen würde.“ Im Übrigen würde man „seit Jahren“ alles tun, um eine „menschenwürdige Behandlung“ zu gewährleisten.

TORSTEN GELLNER